Freibeträge nach § 11b SGB II vom Monatseinkommen abzusetzen

Dr. Klaus-Uwe Gerhardt  / pixelio.de

(c) Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Es gibt Rechtsfragen, die spannend sind. Und solche, die es nicht sind. In letztere Kategorie fällt die Rechtsfrage, ob die Freibeträge nach § 11b SGB II auf das monatliche Erwerbseinkommen zu gewähren sind oder – fließen etwa zwei Monatsgehälter zufällig einmal in einem Monat zu – nur für den Monat des Zuflusses.

Sowohl aus dem Gesetzeswortlaut – § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II spricht von „monatlich abzusetzen“ und § 11b Abs. 3  Satz 1 SGB II von „von dem monatlichen Einkommen (…) abzusetzen“ – als auch aus der Natur der Freibeträge als pauschalierter Werbungskosten, die erwerbstätigkeitsbedingte Mehrausgaben kompensieren sollen und deswegen (natürlich) je Monat der Erwerbstätigkeit zu gewähren sind, ließe sich eigentlich leicht die Erkenntnis gewinnen, dass die Freibeträge nach § 11b SGB II für jeden Monat der Erwerbstätigkeit zu gewähren sind.

Nicht so jedoch für das Jobcenter Plön. Nachdem es mit seinem Ansinnen, die Freibeträge nur für den Zuflussmonat zu gewähren, bereits vor dem Sozialgericht Schleswig gescheitert war (Urteil vom 12.09.2011, S 3 AS 1273/09), legte es gegen diese Entscheidung Berufung ein. Im heutigen Verhandlungstermin vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht im Verfahren L 6 AS 91/11 nahm das Jobcenter Plön nun – nachdem dem Prozessvertreter die Erfolgsaussichten auch noch einmal durch das Schleswig-Holsteinische LSG (allerdings unter unzutreffendem Hinweis auf BSG, B 14 AS 43/07 R, Rz. 34, wo sich zu der strittigen Frage keinerlei Hinweise finden) vor Augen geführt worden waren und man durchblicken ließ, eine Revision (entgegen dem Wunsch des SG) nicht zulassen zu wollen – die Berufung zurück. Viel Lärm um nichts also wieder einmal.

Ausführliche Begründungen zum Thema finden sich in den Entscheidungen LSG BW, Urteil vom 09.08.2007, L 7 AS 5695/06 und SG Berlin, Urteil vom 18.01.2012, S 55 AS 30011/10 (Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen).

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


20 Kommentare on “Freibeträge nach § 11b SGB II vom Monatseinkommen abzusetzen”

  1. Ich werde einen Link darüber in unserem Blog veröffentlichen und es mit verteilen helfen. LG Renate

    • Danke. Es werden sicher immer mal wieder Leistungsabteilungen auf diese Idee verfallen. Da kann es dann nicht schaden, das eine oder andere Urteil als Argumentationshilfe in der Hinterhand zu haben.

  2. Bea Seemann sagt:

    Nur unsere Steuergelder verplempert, aber jeder Jobcentermitarbeiter ist ja Gott sei Danke ein Arbeitsloser weniger. * rolleyes *

  3. hshsonne sagt:

    Seltsam, wurde mir vor doch vom südlichen Nordfriesland, unter Berufung auf die obigen Urteile, meinem Widerspruch nicht stattgegeben.

    • Leider werden die einfachsten Dinge doch immer wieder falsch gemacht. Ich rate zur Klage. Sollte die Klagefrist verstrichen sein, Widerspruchsbescheid nach § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m.§ 44 SGB X überprüfen lassen (Jahresfrist beachten!).

      • hshsonne sagt:

        huch, schnell. hab mit einer antwort nicht gerechnet. umso schöner.

        der bescheid ist vom 08.01.2013..x-schreiben vorher mit widerspruch auf verweis obiger §.
        auf die wurde kein bezug genommen.

        auszug vom schluß des bescheids:

        ihre anhörung gemäß § 24 sgb X erfolgte mit schreiben vom 16.11.12. in ihrem antwortschreiben vom 27.11 tragen sie keine neue begründung vor.

        die kostenentscheidung beruht auf § 63 sgb X .weil der widerspruch keinen erfolg hatte, müssen sie die ihnen entstandenen kosten selbst tragen.

        rechtsbehelfsbelehrung:
        gegen den bescheid vom 02.08.12 in der fassung, die dieser durch diesen widerspruchsbescheid erhalten hat, können sie innerhalb eines monats nach zustellung des widerspruchsbescheides klage beim sozialgericht schlesxwig in 24837 …………..schriftlich oder zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle erheben.
        __________________________________________
        und nun geht nochmal überprüfungsantrag?

        der ursprung war, dass der ag im mai jeweils für märz und april (steht auch auf dem kontoauszug) zusammen im mai überwiesen hatte.

        • Entscheidend ist: Von wann ist der Widerspruchsbescheid und wann haben Sie den in Ihrem Briefkasten gefunden? Ab diesem Tag läuft die einmonatige Klagefrist. Ist die abgelaufen, Antrag auf Überprüfung des Widerspruchsbescheides nach § 44 SGB X stellen. Auch Widerspruchsbescheide können nach § 44 SGB X aufgehoben werden. Wird die Überprüfung abgelehnt, Widerspruch gegen Überprüfungsbescheid einlegen. Alles etwas tüdelig. Aber so ist das eben, wenn man Fristen versäumt … 😉

  4. Sabrina sagt:

    Ich bin gerade auf diese Seite gestoßen, da mir zwei Gehälter von unterschiedlichen Arbeitgebern angerechnet wurden. Die eine Überweisung fand am 16.12.14 statt und
    die andere am 30.01.2015. Trotzdem wurden die Gehälter zusammengerechnet und
    ich soll jetzt fast das komplette Januargehalt zurückzahlen. Ich bin ratlos und frustriert.

    • Entscheidend ist, ob die Gehälter für den selben Monat gezahlt worden sind. Wenn ja, hat das Jobcenter richtig entschieden (Grundfreibetrag nur einmal), wenn nein, falsch.

      • Sabrina sagt:

        Das waren zwei unterschiedliche Gehälter, das für Dezember wurde mir schon am 16.12.2014 überwiesen und das neue Gehalt (habe am 12.01.15 eine neue Stelle angetreten) war für Januar 2015 und wurde mir am 30.01.2015 überwiesen. Das Jobcenter argumentiert, dass meine Verhältnisse nach Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses (31.12.14) sich erst zum 01.02.2015 geändert hätten und somit der Zahlungseingang vom 30.01.2015 zum anderen Gehalt dazuzurechnen sei. Dabei liegen 1 1/2 Monate zwischen den Zahlungseingängen.

        • Die Argumentation des Jobcenters ist – man kann es nicht anders sagen – vollkommener Unsinn. Widerspruch einlegen und notfalls klagen. Die Erfolgsaussichten vor Gericht sind sicher, ein Gerichtsverfahren für Sie zudem nicht mit einem Kostenrisiko verbunden. Also: Nicht verunsichern lassen, wehren.

  5. Sabrina sagt:

    Danke

  6. Sabrina sagt:

    Wie sieht es im folgenden Fall aus? Ich habe jetzt eine feste Teilzeitstelle bekommen. Somit habe ich ein April Gehalt von meinem alten Arbeitgeber bekommen und ein April Gehalt von meinem neuen Arbeitgeber. Beide April-Gehälter sind auch im April eingegangen. Nun wurden beide Gehälter zusammen gerechnet und nur 1 mal vom Jobcenter der Grundfreibetrag abgezogen. Ist dies rechtens, da beide Gehälter für den April waren? Oder hätte mir der Grundfreibetrag für jedes April Gehalt einzeln abgezogen werden müssen?

    • Der Grundfreibetrag (100 €) ist m.E. nur einmal zu gewähren. So verhält es sich ja auch bei zwei Jobs (z.B. Halbtagesstelle + 450 €-Job). Nach Ihren Schilderungen haben Sie im April 2015 zwei Jobs gehabt.

      • Sabrina sagt:

        Ich hatte bis zum 17.04.15 einen 450 € Job. Den habe ich dann gekündigt und seit dem 20.04.15 habe ich eine feste Teilzeitstelle. Ich dachte mir schon, dass der Grundfreibetrag nur einmal abgezogen werden würde, da beide Gehälter für April gedacht waren. Da es aber zwei Stellen waren, wäre es von Vorteil, für jedes Gehalt einen Grundfreibetrag zu gewähren. Da der Grundfreibetrag, wie ich gehört habe, für die Aufwendungen gedacht sind, die Arbeitsstelle zu erreichen usw.


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