Hartz IV: Zankapfel Bedarfsgemeinschaft
Veröffentlicht: 6. Januar 2014 Abgelegt unter: Bedarfsgemeinschaften | Tags: ALG II Bedarfsgemeinschft, § 7 Abs. 3 a SGB II, Hartz IV Bedarfsgemeinschft, SG Kiel 18.11.2013 S 35 AS 355/13 ER 8 KommentareMit Beschluss vom 18.11.2013 hat das Sozialgericht Kiel im Verfahren S 35 AS 355/13 ER einige wichtige Hinweise zur Beurteilung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft für den Fall gegeben, dass keiner der Vermutungstatbestände nach § 7 Abs. 3 a SGB II vorliegt.
Kein Indiz für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft sind danach Angaben im ALG II Antrag zum Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft, wenn das Jobcenter bereits im Rahmen der Antragsstellung ohne hinreichende Prüfung von einer Bedarfsgemeinschaft ausgeht und durch Ausgabe entsprechender Antragsunterlagen eine vorzeitige Weichenstellung vornimmt.
Auch der Umstand, dass ein gemeinsamer Mietvertrag mit gesamtschuldnerischer Haftung im Sinne von § 421 BGB abgeschlossen wurde, rechtfertigt für sich nicht die Annahme eine Einstehensgemeinschaft, wenn sich die Partner der Bedeutung und Tragweite einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht bewusst waren und der Grund für den gemeinsamen Vertragsschluss die Absicherung des zuziehenden Partners vor einem unfreiwilligen Wohnungsverlust ist, welcher nachvollziehbar ist und auch einem weit verbreiteten Sicherheitsbedürfnis von Mietern entspricht (a.A. wohl LSG NRW, Beschluss vom 29.05.2012, L 12 AS 1409/11). Auch das weitergehende Motiv, sicherzustellen, dass die Antragstellerin in dem Haus verbleiben kann, falls dem Partner berufsbedingt etwas zustößt, ist nach Auffassung des Gerichts „eher Ausfluss eines respektvollen weil umsichtigen Umgangs miteinander, als dass hieraus valide Rückschlüsse auf ein aktives gegenseitiges füreinander Einstehen in jeder Lebens- und insbesondere auch Notlage gezogen werden könnten.“
Zuletzt waren auch die partielle Aufgabe von Privatsphäre und weitere Unterstützungshandlungen bei der Haushaltsführung und Nahrungszubereitung sowie die beabsichtigte Ermöglichung der Berufsausübung im Haus in diesem Fall als Nothilfe zu werten, die nicht zu der Annahme einer Verantwortung- und Einstehensgemeinschaft führen konnte.
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt
Danke für das interessante Urteil über einen in der Tat leidigen Zankapfel.
Bleibt auf die Rechtskraft des Beschlusses zu hoffen.
Ähnliche Sachverhalte befinden sich bei mir nun in der Bearbeitung des LSG.
Gern geschehen. Der Beschluss dürfte zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen sein (jedenfalls liegt mir noch keine Beschwerde vor). Der Beschluss beruht auf einer sehr gründlichen Beweisaufnahme in einem über dreistündigen Erörterungstermin und ich hatte nicht den Eindruck, dass das Jobcenter Plön eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung führen will.
Ein interessantes Urteil, das hoffentlich Früchte tragen wird.
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Hallo Helge, hallo LeserInnen,
mich betrifft dieser Beschluss als alleinlebender Hartz IV-Empfänger zwar nicht, jedoch ist
Info immer wichtig, weil ich auch viel „rumkomme“. Vielen Dank dafür.
Es ist unglaublich, wie du schreibst Helge, dass es eine, Zitat:
„sehr gründlichen Beweisaufnahme in einem über dreistündigen Erörterungstermin“
gegeben hat.
Zitatende!
Über 3 Stunden, der helle Wahnsinn.
Ich meine damit nicht die Tätigkeit der Richterin der 35. Kammer des SG Kiel, sie hat ja
gemäß Ihres Amtes eine sehr gründliche Beweisaufnahme durchgeführt.
Es zeigt sich also, dass bei Antragsabgabe beim Amt nicht im „Schnelldurchgang“ ein
solcher Sachverhalt abgearbeitet werden kann, sondern dass die gründliche Sachverhaltsermittlung auch schon Aufgabe des Jobcenters Kiel gewesen wäre.
Ob die einzelnen SachbearbeiterInnen vom Amt bei den „Aktenbergen“ von Hartz IV-
BezieherInnen die Zeit dafür haben ist eine andere Frage.
Es ist jetzt m. E. wichtig, dass die Verantwortlichen des Jobcenters Kiel Ihre MitarbeiterInnen
weiter aufklären und schulen.
Allgemein gesagt ist das ganze Thema „Hartz IV“ auch im 9. Jahr nach Einführung am 01.01.2005 nicht einfacher geworden …
Gut, dass die Betroffene sich anwaltliche Hilfe geholt hat.
Gruß
Björn Nickels
Hallo Helge, hallo LeserInnen,
stelle gerade fest, dass sich dieser Beschluss des SG Kiel gegen das Jobcenter Plön
richtet.
In meinem 1. Statement zu diesem Thema erwähnte ich 2 X das Jobcenter Kiel, das war falsch.
Dies muss natürlich Jobcenter Plön heißen.
Die Irritation bitte ich zu entschuldigen.
Gruß
Björn Nickels
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