Faktencheck Jobcenter Kiel: Doppelmieten

Neues Jahr, neues Format auf Sozialberatung Kiel: „Faktenscheck Jobcenter Kiel“. Das muss wohl sein, denn auch im 13. Jahr „Hartz IV“- dem verflixten – werden die alten Fehler vom Jobcenter Kiel konsequent fortgeführt, als sei zum Regelungsbereich SGB II seit 2005 keine Rechtsprechung ergangen. Heute also: Doppelmieten.

In einem Schreiben vom 14.01.2019 teilt das Jobcenter einer Mandantin mit: „Das Jobcenter übernimmt keine Doppelmieten.“ Wir prüfen das mal nur auf dieser Seite nach. Der Befund ist eindeutig, das stimmt so nicht. Unvermeidbare Doppelmieten sind vom Jobcenter zu übernehmen: SG Kiel, Urteil vom 04.04.2017, S 30 AS 407/15; SG Kiel, Urteil vom 27.09.2016, S 40 AS 500/15; SG Kiel, Urteil vom 09.05.2014, S 33 AS 613/11; SG Schleswig, Urteil vom 26.08.2010, S 25 AS 185/08).

Warum für einem Umzugswagen kein Angebot der Firma Sixt vorgelegt werden darf, ist noch das Geheimnis des Jobcenters Kiel. Vielleicht wird das ja noch gelüftet.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


Umzugshelfer vom Studentenwerk?

Im – grundsätzlich legitimen – Interesse einer möglichst weitreichenden Kostenminimierung lese ich in Schreiben der Jobcenter immer wieder Dinge, die mich spontan stutzig machen. Von angeblich kostenlosem Wohnraum in Kiel (in Obdachlosenunterkünften, die dann so ganz kostenlos auch wieder nicht sind) bis hin zu kostenlosen Möbeln (vom Sperrmüll) scheinen der Phantasie wenig Grenzen gesetzt.

Heute nun las ich in einem Schreiben des Jobcenters Kiel, „Umzugshelfer“ für das Einladen ihrer Möbel in Kiel könne eine Mandantin beim Studentenwerk „erfragen“. Also Umzugshelfer vom Studentenwerk? Kiel hat eine Universität. So weit, so gut. Aber dass das dortige Studentenwerk ALG II-Empfängern Umzugshelfer vermittelt, schien wenigstens kontraintuitiv. Also ein kurzer Anruf beim stellvertretenden Abteilungsleiter Personal und Recht beim Studentenwerk Schleswig-Holstein: Bekommt meine Mandantin bei Ihnen Umzugshelfer? Erstaunen. Man müsse das mal prüfen. Wenig später die E-Mail: „Sehr geehrter Herr Hildebrandt, hiermit kann ich Ihnen mitteilen, dass das Studentenwerk SH keinen Umzugshelfer für ALG II-Empfänger stellt.“ Wer hätte das gedacht?

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


Jobcenter muss Kosten für Nachsendeauftrag und Telefonanschluss übernehmen

Bundessozialgericht in Kassel

Bundessozialgericht in Kassel

Wenn ALG II-Bezieher umziehen müssen, muss das Jobcenter auch für die Bereitstellungskosten eines neuen Telefon- und Internetanschlusses sowie die Kosten eines Nachsendeauftrags bei der Post aufkommen. Dies hat heute das BSG im Verfahren BSG B 14 AS 58/15 R entschieden.

Sachverhalt

Umstritten ist die Übernahme von Kosten als Umzugskosten. Nachdem der im Alg II-Bezug stehende Kläger sich von seiner Ehefrau getrennt hatte, sicherte ihm das beklagte Jobcenter die Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Wohnung und die Übernahme der Umzugskosten zu.

Im Rahmen des Umzugs beantragte der Kläger u.a. die Übernahme der Kosten für einen Telefon-und Internetanschluss sowie einen Nachsendeantrag bei der Post. Der Beklagte bewilligte dem auf einen Rollstuhl angewiesenen Kläger die Kosten zur Durchführung des Umzugs sowie für bestimmte Einrichtungsgegenstände als Erstausstattung und lehnte in dem letzten Bescheid u.a. die Übernahme der Kosten für einen Telefon- und Internetanschluss sowie einen Nachsendeantrag ab. Die gegen beide Bescheide erhobenen Widersprüche wurden durch zwei Widerspruchsbescheide zurückgewiesen.

Das SG hat die genannten Bescheide abgeändert und den Beklagten verpflichtet, „dem Kläger die nachgewiesenen Kosten für den Umzug des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag zu gewähren“. Der Kläger habe vom Beklagten eine Zusicherung zu dem Umzug erhalten, weshalb dessen Ermessen auf Null reduziert und er zur Erstattung der notwendigen und erforderlichen Umzugskosten verpflichtet sei. Dazu gehörten auch die Kosten für den Telefon- und Internetanschluss sowie für den Nachsendeantrag.

In seiner vom LSG zugelassenen Revision führt der Beklagte aus, der Begriff der Umzugskosten sei restriktiv auszulegen. Sog „Zusammenhangskosten“, die nur anlässlich eines Umzugs oder im zeitlichen Zusammenhang mit diesem und damit lediglich mittelbar beim Leistungsberechtigten entstünden, seien nicht von § 22 Abs. 6 SGB II umfasst, sondern aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Entscheidung des BSG

In der Sache kann der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Bereitstellung seines Telefon- und Internetanschlusses sowie für seinen Nachsendeantrag als Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 SGB II gegen den Beklagten haben.

Umzugskosten sind, wie die von den allgemeinen Unterkunftskosten in § 22 Abs 1 SGB II abweichende Sonderregelung in § 22 Abs. 6 SGB II zeigt, die Kosten, die einmalig durch die besondere Bedarfslage „Umzug“ verursacht werden. Dabei ist zwischen einem Umzug, der vom Jobcenter veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist, und anderen Umzügen zu unterscheiden, wie das dem Jobcenter eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Erteilung einer Zusicherung für die Kostenübernahme zeigt.

Bei einem vom Jobcenter – wie vorliegend – aufgrund der Trennungssituation zu Recht als notwendig anerkannten Umzug mit einer entsprechenden Zusicherung hinsichtlich der Umzugskosten gehören zu den als Bedarf zu berücksichtigenden Umzugskosten heutzutage auch die Kosten für einen Telefon- und Internetanschluss sowie die für einen Nachsendeantrag. Denn beides ist notwendig, um nach einem Umzug die Kommunikation mit anderen Menschen, Behörden usw aufrecht zu erhalten, die, wie die Aufnahme der Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung) in die Ermittlung der Regelbedarfe zeigt, ein vom Gesetzgeber anerkanntes Grundbedürfnis darstellt (vgl. §§ 5 f RBEG). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG, das die Höhe der dem Kläger hinsichtlich der zwei Streitpunkte entstandenen Kosten genau ermittelt hat, Feststellungen zu deren Angemessenheit nachzuholen haben.

Verfahrensgang

SG Hannover – S 46 AS 1146/12 –
LSG Niedersachsen-Bremen – L 6 AS 1349/13 –
Bundessozialgericht – B 14 AS 58/15 R –


Kein Anspruch auf Zusicherung der Erforderlichkeit eines Umzuges vorab

(c) Gerd Altmann / pixelio.de

(c) Gerd Altmann / pixelio.de

Sowohl für Bezieher von Leistungen der Grundsicherung im Alter als auch für Hartz IV-Empfängern ist es vor einem Umzug wichtig zu wissen, ob der Grundsicherungsträger die „Erforderlichkeit“ eines Umzuges bejaht. Ein ALG II-Bezieher läuft andernfalls Gefahr, dass nach einem Umzug nur seine bisherige Miete übernommen wird (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Für beide Empfängergruppen hängt zudem der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten und Mietkaution von der Notwendigkeit des Umzuges ab (§ 22 Abs. 6 SGB II; § 35 Abs. 3 SGB XII).

Das Gesetz sieht vor, dass die Zusicherung erst zu einem konkreten Miet- beziehungsweise Umzugsangebot erteilt werden soll. Da die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzuges durch den Grundsicherungsträger bisweilen langwierig sein kann, besteht die Gefahr, dass die Wohnung bis zu einer Entscheidung der Behörde bereits an einen anderen Mietinteressenten vergeben worden ist.

Verneint der Grundsicherungsträger die Zusicherung, bleibt nur die Inanspruchnahme sozialgerichtlichen Eilrechtsschutzes, der letztinstanzlich häufig nicht innerhalb der Frist abgeschlossen werden kann, für den der Vermieter dem Leistungsberechtigten die Wohnung reserviert hat bzw. innerhalb derer Umzugskosten entstanden sind.

Dessen ungeachtet hat der Sozialhilfesenat des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 17.12.2014 zum Aktenzeichen B 8 SO 15/13 R entschieden, dass auf die behördliche bzw. gerichtliche Vorabklärung einzelner Anspruchselemente – hier die grundsätzliche „Erforderlichkeit“ des Umzuges – in einem gesonderten Zusicherungsverfahren kein Rechtsanspruch besteht. Effektiven Rechtsschutz gewährleiste in diesen Fällen im Streitfall allein der einstweilige Rechtsschutz vor den Sozialgerichten.

Hinweise für Betroffene

Die Frage des Bestehens einen Umzugsgrundes sollten Betroffene rechtzeitig vor einem Umzug mit dem Grundsicherungsträger klären. Überzeugt sich der Grundsicherungsträger von dem Vorliegen der Erforderlichkeit eines Umzugs, wird er dies – im Regelfall auch schriftlich – mitteilen und der Umzugswillige wird sich auf diese Aussage verlassen können. Ob es sich dabei um eine rechtsverbindliche „Zusicherung“ im Sinne von § 34 SGB X handelt oder nicht, dürfte im Regelfall für den Leistungsberechtigten gänzlich unerheblich sein, denn kein Grundsicherungsträger wird sein Einvernehmen über die Erforderlichkeit eines Umzuges erklären und später ein Miet- oder Umzugskostenangebot mit der Begründung ablehnen, er halte den Umzug nun auf einmal nicht mehr für notwendig.

Bringt der Grundsicherungsträger vorzeitig zum Ausdruck, dass er sich von der Notwenigkeit eines Umzugs nicht zu überzeugen vermag, sollte mit dem Grundsicherungsträger rechtzeitig folgendes Vorgehen besprochen werden:

  • Der Leistungsberechtigte legt ein Mietangebot umgehend beim Grundsicherungsträger vor.
  • Der Grundsicherungsträger lehnt dieses Angebot umgehend noch am selben Tag ab bzw. lässt die gesetzte Frist (einen Werktag) verstreichen.
  • Nach Ablehnung bzw. Fristablauf stellt der Leistungsberechtigte umgehend einen Eilantrag beim zuständigen Sozialgericht. Wichtig ist es dabei, dem Gericht mitzuteilen, bis wann die Wohnung für den Antragsteller freigehalten wird. Denn wird die Wohnung an andere Mietinteressenten vergeben, hat sich das Eilverfahren erledigt. Nach meinen Erfahrungen bemühen sich die Sozialgerichte, innerhalb der Reservierungsfristen zu entscheiden.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


Umzugskosten und Mietkautionsdarlehen auch bei Umzug in zu teure Wohnung

Schleswig-Holsteinisches LSG

Schleswig-Holsteinisches LSG

Viele Jobcenter übernehmen bei einem nicht notwendigen oder vom Jobcenter veranlassten Umzug auch keine Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten und gewähren kein Mietkautionsdarlehen für die neue Wohnung. Gleiches gilt, wenn die Miete für die neue Unterkunft über der örtlichen Mietobergrenze liegt. Als Begründung verweisen die Jobcenter regelmäßig darauf, sie dürften unnötige Wohnungswechsel und Umzüge in zu teure Wohnungen nicht dadurch unterstützen, dass sie die Umzugskosten anerkennen und Mietkautionsdarlehen gewähren.

Das Jobcenter Rendsburg-Eckernförde etwa benutzt ein Standardschreiben, in dem mit der Ablehnung der Zusicherung der Kosten der neuen Unterkunft zugleich auch die Umzugskosten sowie das Mietkautionsdarlehen abgelehnt werden. Wörtlich heißt es in den Normschreiben: „Kosten welche im Zusammenhang mit dem Umzug  anfallen (Kaution, Umzugswagen etc.) können nicht übernommen werden, selbst wenn der Umzug aus leistungerechtlicher Sicht erforderlich ist.“

Bundessozialgericht, B 4 AS 37/13 R

In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 06.08.2014, B 4 AS 37/13 R) nun darauf hingewiesen, dass lediglich die Verpflichtung des Jobcenters zur Übernahme von Umzugskosten und Mietkaution voraussetzt, dass die Kosten der neuen Wohnung angemessen sind und der Umzug zusätzlich notwendig war oder vom Jobcenter selbst veranlasst wurde. Sind die Kosten für die neue Unterkunft unangemessen hoch oder zwar angemessen, liegt jedoch kein Umzugsgrund vor und hat das Jobcenter den Umzug auch nicht veranlasst, muss das Jobcenter dennoch eine Ermessensentscheidung nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II treffen. Als Ermessenserwägungen sind hierbei die Umstände einzubeziehen, die zum Auszug geführt haben, aber auch absehbare zukünftige Entwicklungen. Bestehen nachvollziehbare Gründe, die zum Auszug geführt haben, hat sich der Leistungsberechtigte nachweislich um eine Senkung seiner Mietkosten bemüht oder liegen die Kosten der neuen Unterkunft nur geringfügig über der maßgeblichen Mietobergrenze, kann eine Ablehnung der Übernahme von Umzugskosten und der Gewährung eines Mietauktionsdarlehens ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sein.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, L 6 AS 181/14 B ER

In einem aktuellen Beschluss vom 09.10.2014 hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (L 6 AS 181/14 B ER) weitere Ermessensgesichtspunkte benannt, die für die Praxis von Bedeutung sind:

„Der Antragsgegner kann die nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu treffende Ermessensentscheidung nicht schon maßgeblich auf den Gesichtspunkt stützen, dass die Wohnung, die die Antragstellerinnen zu beziehen beabsichtigen, unangemessen i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist. Dieser Umstand wird vielmehr bereits tatbestandlich vorausgesetzt, weil anderenfalls – in der vorliegenden Situation eines anerkannten Auszugsgrundes – bereits die Regelung des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II greifen würde, die der leistungsberechtigten Person für den typischen Fall einen Anspruch auf Zusicherung der Umzugs- bzw. Wohnungsbeschaffungskosten zuerkennt. Ermessensrelevant kann daher nur der Umfang der Überschreitung der Angemessenheitsgrenzen sein. Hier ist tendenziell zugunsten der Antragstellerinnen zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 1. aus dem Grundfreibetrag (§ 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II) den Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen Aufwendungen und der im Rahmen der Mietobergrenze zu tragenden Kosten der Unterkunft einstweilen wird bestreiten können. Auch im Übrigen überzeugen tendenziell eher die seitens der Antragstellerinnen ins Feld geführten Ermessensgesichtspunkte: Zwar greift das Argument der Antragstellerinnen, dass die Höhe der „Transaktionskosten“ in keinem erkennbaren Zusammenhang zur Angemessenheit der neuen Unterkunft stehe und deshalb unter dem Gesichtspunkt der sparsamen Mittelbewirtschaftung auch kein öffentlicher Belang betroffen sei, weil der Auszug anerkanntermaßen notwendig sei und Umzugskosten daher sowieso anfielen, zu kurz. Denn theoretisch könnten die Antragstellerinnen alsbald nach dem Umzug den Entschluss fassen, ob der Unangemessenheit der Unterkunft und der nicht vollständigen Kostenübernahme durch den Antragsgegner kurzfristig wieder in eine dann kostenangemessene Wohnung umzuziehen. Für einen solchen Umzug mussten die Kosten dann möglicherweise grundsätzlich nach § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II übernommen werden, wobei gleichzeitig eine besondere Atypik im Hinblick auf die Sollensregelung hier besonders zu prüfen wäre. Auch die Gefahr des Entstehens von Mietschulden mit einem dann ggf. korrespondierenden Anspruch nach § 22 Abs. 8 SGB II dürfte beim Bezug einer unangemessenen Wohnung eher steigen. Konkret schätzt der Senat diese Risiken im Falle der Antragstellerinnen derzeit aber nicht als so groß ein, dass sie nicht einstweilen hingenommen werden könnten.

Mit den übrigen Argumenten der Antragstellerinnen hat sich der Antragsgegner bis her auch im Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 kaum auseinandergesetzt. Sie sind, insbesondere was das Bedürfnis der Antragstellerin zu 1. nach Anmietung einer Wohnung nur in bestimmten Stadtvierteln anbelangt, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Als wesentlichen Ermessensgesichtspunkt sieht es der Senat aber auch an, dass das Amt für Wohnen und Grundsicherung der Landeshauptstadt Kiel, die zugleich als kommunaler Träger i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II fungiert, der Antragstellerin zu 1. einen Wohnberechtigungsschein über eine Wohnung mit einer Größe von bis zu 70 qm ausgestellt und sie nach Angabe der Vermieterin für diese konkrete Wohnung vorgeschlagen hat. Dass die wohnraumförderungsrechtlichen Maßstäbe insbesondere wegen der Flächengrenzen von den grundsicherungsrechtlichen Maßstäben abweichen, wie der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 9. Oktober 2014 zutreffend dargestellt hat, bedarf keiner vertiefenden Erörterung. Relevant ist diese Abweichung primär für § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Bei der Anwendung des § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II stellt dieses Verhalten dabei durchaus einen wesentlichen Ermessensgesichtspunkt dar.

Auch die Folgenabwägung streitet vorliegend dafür, den Antragsgegner einstweiligen zur Zusicherung der für den beabsichtigten Umzug anfallenden Aufwendungen zu verpflichten. Dafür ist hier insbesondere der Umstand maßgebend, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache, die im einstweiligen Rechtsschutz möglichst vermieden werden sollte, hier nur im Falle einer Ablehnung, nicht aber im Falle des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung erfolgen würde: Würde die hier streitige Zusicherung nicht erteilt werden, würde die Vermieterin der Wohnung im Hinblick auf die seitens der Antragstellerinnen nicht aufbringbare Mietkaution den Mietvertrag wahrscheinlich nicht abschließen und die Wohnung anderweitig vergeben. Die Antragstellerinnen könnten das Hauptsacheverfahren dann nur noch für erledigt erklären. Wird die Zusicherung erteilt, hat der Antragsgegner aber im Anschluss an das Hauptsacheverfahren immer noch die Möglichkeit, die einstweilen in Geld gewährten Leistungen von den Antragstellerinnen zurückzuverlangen, wobei den Großteil des Anspruchs ohnehin das Mietkautionsdarlehen ausmacht.“

Zusammenfassend sind nach der bisherigen Rechtsprechung mithin folgende Ermessensgesichtspunkte zu berücksichtigen:

  • Nachvollziehbare Umzugsgründe.
  • Bemühungen zur Senkung der Mietkosten in der bisherigen Wohnung.
  • Höhe der Überschreitung der Mietobergrenze in der neuen Unterkunft.
  • Möglichkeit, die Mietdifferenz aus anrechnungsfreiem Einkommen zu bestreiten.
  • Umzug in eine Wohnung, die nach wohnraumförderungsrechtlichen Maßstäben angemessen ist (insbesondere Alleinerziehende mit Wohnraummehrbedarf gemäß Wohnberechtigungsschein).
  • Folgenabwägung im gerichtlichen Eilverfahren regelmäßig zugunsten eines Mietkautionsdarlehens.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt