Sozialverband Deutschland erhöht Kostenbeteiligung für seine Mitglieder

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (z.B. B 8 SO 35/09 B) muss ein Mitglied einer Vereinigung seine satzungsmäßigen Rechte auf kostenlose Prozessvertretung ausschöpfen. Der satzungsmäßige Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz gehört zum Vermögen der Rechtsuchenden, so dass dieser nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aus seinem Vermögen aufzubringen. Rechtsuchende müssen sich also grundsätzlich zwischen der Mitgliedschaft in einem Sozialverband und der Möglichkeit zur Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes auf Prozesskostenhilfebasis entscheiden (vgl. etwa Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.09.2010 , L 7 AS 532/10 B PKH); Beschluss vom 22.11.2010,  L 7 AS 486/10 B PKH).

Kostenbeteiligung beim Sozialverband Deutschland

Seit dem 01.03.2012 müssen Mitglieder des Sozialverbandes Deutschland e.V. (SoVD) gemäß der Leistungsordnung des SoVD nachfolgende Kostenbeteiligung zusätzlich zu ihren Mitgliedsbeiträgen zahlen, wenn sie die Leistungen des SoVD in Anspruch nehmen wollen:

4.3 Die Kostenbeteiligung ab dem 01.03.2012 für
Antragsverfahren beträgt 10,00 Euro
Vorverfahren (=Widerspruchsverfahren) beträgt 50,00 Euro
Klageverfahren 1. Instanz beträgt 100,00 Euro
Wenn bereits das Vorverfahren durch
den SoVD geführt wurde 80,00 Euro
Klageverfahren 2. Instanz beträgt 120,00 Euro
Wenn erstinstanzliches Verfahren
bereits durch den SoVD geführt wurde 90,00 Euro
Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) 150,00 Euro
Revisionsverfahren beträgt 160,00 Euro
Wenn NZB vorausging und diese
durch den SoVD geführt wurde 120,00 Euro

http://www.sovd.de/fileadmin/downloads/informationen/pdf/leistungsordnung.pdf

Kostenbeteiligung beim Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) Landesverband Schleswig-Holstein e.V. hat aufgrund seiner Selbstständigkeit eine eigene Satzung und Leistungsordnung. Danach werden die Mitglieder seit dem 01.07.2012 zu folgenden Kostenbeteiligungen herangezogen:

Vorverfahren: 22,00 €
sozialgerichtliche Verfahren 1. Instanz: 34,00 €
sozialgerichtliche Verfahren 2. Instanz: 68,00 €

Dabei ist zu beachten, dass bei einen bestimmten Personenkreis (dazu zählen u.a. auch SGB II und SGB XII-Empfänger) nach Auskunft des SoVD  Landesverband Schleswig-Holstein e.V. von einer Zahlung der Kostenbeteiligung abgesehen wird, vorausgesetzt die entsprechenden Leistungsbescheide werden vorgelegt. Die Satzung des SoVD Landesverband Schleswig-Holstein ist leider derzeit (Stand 04.09.2012) im Internet noch nicht veröffentlicht. Die Angaben beruhen auf einer Emailauskunft des SoVD Landesverband Schleswig-Holstein und konnten insofern bisher nicht überprüft werden.

Sozialverband oder Rechtsanwalt?

Aufgrund dieser – ganz erheblichen – Kostenbeteiligung zusätzlich zu den monatlichen Mitgliedsbeiträgen sollten Empfänger von Leistungen nach dem SGB II (ALG II) oder SGB XII (Grundsicherung) sorgsam abwägen, ob für sie der Weg über Beratungshilfe bzw. im gerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe zur Inanspruchnahme der Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht die sinnvollere Alternative ist.

Zu bedenken ist hierbei, dass – die Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung vorausgesetzt – für die außergerichtliche Vertretung Beratungshilfe bewilligt werden kann und der Rechtsanwalt in erfolgreichen Widerspruchsverfahren seine Kosten gegen den erstattungspflichtigen Gegner (z.B. das Jobcenter) nach § 63 SGB X festsetzen lassen kann. Für die anwaltliche Vertretung in Gerichtsverfahren kann – die Erfolgsaussichten der Rechtswahrnehmung vorausgesetzt – Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt werden. Und auch hier gilt: Wird der Prozess gewonnen – und das ist ja der eigentliche Sinn der Prozessführung -, muss der Prozessgegner die Kosten des eigenen Rechtsanwaltes als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung tragen. In Verfahren, bei denen die Erfolgsaussichten ungewiss sind, besteht zudem die Möglichkeit, sich vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bis in die zweite Instanz (Landessozialgericht) selbst zu vertreten, da hier kein Anwaltszwang besteht. Auf diese Weise lässt sich – eine vernünftige anwaltliche Beratung vorausgesetzt – das Kostenrisiko weitestgehend ausschließen.

Weiterführende Links:

Achtung: VdK-Mitgliedschaft bewirkt Verlust des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe

Jahreshauptversammlung / Unmut über Erhöhung der Beratungsbeiträge: Kritik am SoVD-Landesverband

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt