Wohnungserstausstattung: In Kiel gibt es Möbelgutscheine statt Geld
Veröffentlicht: 18. August 2013 Abgelegt unter: Abweichende Leistungserbringung, Jobcenter Kiel | Tags: § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II, Jobcenter Kiel Möbelbörse, Kiel Möbelbörse, SG Kiel Beschluss vom 15.03.2010 S 35 AS 145/10 ER 2 KommentareEntsteht erstmals ein Bedarf an einer Wohnungsausstattung – z.B. nach Trennung oder Scheidung, Auszug aus der elterlichen Wohnung, Zuzug aus dem Ausland, nach Haftentlassung, Wohnungsbrand, Aufenthalt in einem Frauenhaus oder bei Erstanmietung von zuvor Wohnungslosen – besteht nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II (vormals § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II) grundsätzlich ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung.
Diese Leistungen werden als Zuschuss und nicht als Darlehen und auch für einzelne fehlende Einrichtungsgegenstände gewährt. Nach wohl überwiegender Rechtsprechung der Sozialgerichte Schleswig und Kiel kann der Zuschuss für „kleinen Hausrat“ (z.B. Geschirr, Handtücher, Haushaltsgeräte, Lampen, Gardinen usw.) mit einer Pauschale in Höhe von 250 Euro (sog. Hausratspauschale) abgegolten werden.
In Kiel kann das Jobcenter den zusätzlichen Bedarf an Möbeln („großer Hausrat“) auch durch einen Gutschein für gebrauchte Möbel bei der Möbelbörse der Stadtmission abdecken. Ein Verweis auf gebrauchte Möbel ist grundsätzlich zulässig (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 57).
Für die Praxis bedeutet dies, dass in Kiel – anders als in vielen anderen deutschen Städten – aufgrund der nach Auffassung der Gerichte guten Ausstattung der hiesigen Möbelbörsen mit Gebrauchtmöbeln Geldleistungen für den Erwerb preisgünstiger neuer Möbel in der Regel nicht verlangt werden könne (SG Kiel, Beschluss vom 15.03.2010, S 35 AS 145/10 ER, hiesiges Az. 084/10).
Erstveröffentlichung in HEMPELS 05/2010
Anmerkungen zur Kieler Möbelbörse
Die Arbeit der Kieler Möbelbörse ist kritisch zu sehen. In der anwaltlichen Beratung wurde vielfach berichtet, dass in der Möbelbörse zwischen sog. Selbstzahlern und Kunden, die mit einem Bezugsschein eines Sozialleistungsträgers vorsprechen, unterschieden würde. So wurde etwa einem jungen Mandanten, nachdem dieser für seine sehr kleine Einzimmerwohnung ein passendes Möbelstück gefunden hatte, gesagt, das betreffende Möbelstück sei nichts für ihn, es könne nur von „Selbstzahlern“ erworben werden.
Update: Seit 01.05.2016 auch in Kiel Geldleistungen statt Sachleistungen für die Erstausstattung der Wohnung
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt
Ich habe in Kiel noch nie eine Erstausstattung bekommen, obwohl ich mehrfach in der Situation war, eine zu brauchen. Nun werde ich in absehbarer Zeit wohl wieder umziehen müssen. Hoffentlich hilft die Behörde wenigstens dieses Mal.
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