34. Kammer am SG Kiel: Tilgungsraten bei Eigentumswohnung vom Jobcenter zu übernehmen

Sozialgericht Kiel

Mit Beschluss vom 11.07.2012 hat nun auch die 34. Kammer am Sozialgericht Kiel im Verfahren S 34 AS 214/12 ER entschieden, dass bei selbst genutztem Wohneigentum auch die Tilgungsraten bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer vergleichbaren Mietwohnung vom Jobcenter nach § 22 Abs. 1 SGB II übernommen werden müssen. Zur Begründung hat sich die 34. Kammer der hier bereits seit einiger Zeit vertretenen Rechtsauffassung (mehr hier) angeschlossen, wonach jedenfalls seit der letzten SGB II-Novelle, im Rahmen derer sich der Gesetzgeber gegen einen Ausschluss der Tilgungsleistungen aus dem Katalog der Unterkunftsleistungen entschieden hat, die generelle Nichtberücksichtigung von Tilgungsraten nicht mehr vertretbar ist. Zu diesem Punkt hat die 34. Kammer ausgeführt:

„Die Kammer folgt nicht mehr der Ansicht des Antragsgegners, dass die Tilgungsrate bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten keine Berücksichtigung finden könne.Der Wechsel beruht auf dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber sich auf Anfrage des Bundesrates dagegen entschieden hat, Tilgungsleistungen ausdrücklich aus dem Katalog der KdU-Leistungen auszuschließen (BT-Drs 17/3958 Seiten 13, 14 (vorgeschlagener Wortlaut und Begründung) und BT-Drs. 17/3982 Seiten 7, 8: Ablehnung des Vorschlags). Dieser erkennbare Wille des Gesetzgebers führt dazu, dass die Kammer es nicht mehr für dem Grunde nach unvereinbar mit dem System der Grundsicherung hält, dass die Übernahme von Tilgungsraten im Rahmen der Kosten der Unterkunft als Nebeneffekt zur Vermögensbildung führt. Ein grundsätzlicher Ausschluss von Vermögensbildung durch Sozialleistungen, wie ihn der Antragsgegner behauptet, würde die Regelung in § 3 Abs. 2 Wohngeldgesetz infrage stellen. Zum Anderen spricht auch das Gebot der Gleichbehandlung von leistungsberechtigten Mietern und Wohnungseigentümern für eine Einbeziehung von Tilgungsleistungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.06 2008, B 14/11b AS 67/06 R, Rn. 29).Die Kammer geht im nächsten Schritt davon aus, dass sich die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Wohnungseigentümer nach einheitlichen Kriterien richtet. Grundsätzlich zählen zu den Kosten der Unterkunft alle die Unterkunft sichernden Aufwendungen (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rn. 16). Dazu gehören neben den Zinsen, die im Rahmen eines Darlehens, das zur Finanzierung einer Eigentumswohnung aufgenommen worden ist, anfallen (Lang/Link,a.a.O., Rn. 26), auch die Tilgungsanteile im Rahmen der Finanzierung, soweit diese angemessen im Sinne von 22 SGB II sind (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 67/08 R, Rn. 23). Weitere Voraussetzung für die (anteilige) Übernahme des Tilgungsanteils ist ferner, dass der Leistungsberechtigte gezwungen wäre, ohne die Übernahme der Finanzierungskosten seine Wohnung aufzugeben (BSG, a.a.O.).

Dies ist vorliegend der Fall. Die kalten Unterkunftskosten des Antragstellers sind bis zur Höhe von monatlich EUR 308,50 angemessen (s.o.). Ausweislich des mit der Antragsschrift vorgelegten Schreibens der finanzierenden Bausparkasse vom 04.08.2010 an den Antragsteller ist diese nicht bereit, den monatlichen Zahlbetrag zu stunden oder herabzusetzen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass die finanzierende Bank auf Einhaltung des vereinbarten Zahlungsplanes einschließlich der Zahlung des vereinbarten Tilgungsanteils besteht.“

Der Beschluss findet sich im Volltext hier:

SG Kiel, Beschluss v. 11.07.2012, S 34 AS 214/12 ER

Nachtrag 17.01.2013:

SG Kiel, Beschluss vom 11.01.2013, S 34 AS 4/13 ER

Für eine Übernahme von Tilgungsleistungen auch:

Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 03.05.2010, L 11 B 41/10 AS ER

(im Anschluss an BSG v. 18.06.2008, B 14/11b AS 67/06 R; SG Kiel, Beschluss vom 17.09.2010, S 37 AS 449/10 ER; SG Kiel, Beschluss vom 01.10.2010, S 40 AS 480/10 ER)

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Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


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