Sozialpolitische Anträge zur Kieler Ratsversammlung am 22.01.2015

Wappen KielÜber nachfolgende Anträge zu sozialpolitischen Themen wird in der Kieler Ratsversammlung am 22.01.2015 abgestimmt:

Resolution zum Erhalt des Landesamtes für soziale Dienste am Standort Kiel

Antrag: Die Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel fordert den Oberbürgermeister auf, sich gegenüber der Landesregierung für die Beibehaltung des Landesamtes für soziale Dienste am Standort Kiel einzusetzen.

Begründung: Nach Ansicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung soll die Kieler Außenstelle des Landesamtes für Soziale Dienste aus finanziellen Gründen im Jahr 2016 aufgelöst werden. Die 44 Mitarbeiter sollen sodann in der Zentrale des Landesamtes in Neumünster und auf den übrigen Außenstellen in Heide, Lübeck und Schleswig die Betreuung der Menschen vornehmen. Die Außenstelle in Kiel ist allein im Schwerbehindertenrecht zurzeit für rund 84.500 Fälle zuständig. Diese sollen dann ab 2016 in der Zentrale in Neumünster betreut werden. Die Menschen wohnen zum größten Teil jedoch in Kiel oder im Kreis Plön. Nur etwa jeder fünfter Bestandsfall betrifft die Stadt Neumünster. Gerade für Menschen mit einer Schwerbehinderung und junge Eltern ist das Landesamt in Kiel eine gewohnte und zentrale Anlaufstelle. Hier bekommen sie Beratung in Sachen Eltern- und Betreuungsgeld sowie im Schwerbehindertenrecht, erhalten Unterstützung beim Ausfüllen ihrer Anträge, können die notwendigen Formulare und ihre Schwerbehindertenausweise abholen. Die Betroffenen sind vielfach körperlich wie finanziell überhaupt nicht in der Lage, neben den ohnehin für sie bestehenden körperlichen Belastungen und oftmals bürokratischen Hürden auch noch eine beschwerliche Anreise nach Neumünster vorzunehmen. Daher geht es im Ergebnis darum, ein etabliertes und kompetentes Beratungsangebot bürgernah zu erhalten. Antrag der CDU-Ratsfraktion

Mietobergrenzen für unter 25jährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung

Antrag: Die in den Richtlinien der Landeshauptstadt Kiel zu den Regel-Höchstbeträgen für anzuerkennende Mieten (Mietobergrenzen) in der Leistungsgewährung von Hilfen nach dem SGB II und dem SGB XII enthaltenen Sonderregelungen für Jugendliche und junge Erwachsene werden ersatzlos gestrichen.

Begründung: Nach den Richtlinien der Landeshauptstadt Kiel zu den Regel-Höchstbeträgen für anzuerkennende Mieten (Mietobergrenzen) in der Leistungsgewährung von Hilfen nach dem SGB II und dem SGB XII in ihrer aktuellen Fassung vom 13.12.2012 ist bei unter 25jährigen Beziehern von Leistungen nach dem SGB II ohne abgeschlossene Berufsausbildung eine Miete bis maximal 224 € inklusive Heizkosten anzuerkennen, mit einer abgeschlossenen Ausbildung werden die Mietobergrenzen zugrunde gelegt, die auch für über 25jährige gelten. Diese vom Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht ehemals bestätigte Praxis haben inzwischen mehrere Kammern am Sozialgericht Kiel für rechtswidrig erklärt. Die Praxis der Stadt orientiere sich an den Regelungen zum BAföG-Recht. Die Möglichkeit für Studenten, nach § 27 Abs. 3 SGB II vom für sie örtlich zuständigen Jobcenter einen Zuschuss zu ihren angemessenen Aufwendungen für ihre Unterkunft zu erhalten, die vom BAföG nicht gedeckt sind, zeige indessen, dass eine an den BAföG-Regelungen orientierte Bemessung der Mietobergrenzen für junge Erwachsenen sinnwidrig ist. Denn der Anspruch auf ergänzende Leistungen zur Deckung des durch das BAföG ungedeckten Teils der Unterkunfts- und Heizkosten wurde gerade ins SGB II aufgenommen, weil die BAföG-Sätze nicht immer ausreichend sind, um das soziokulturelle Existenzminimum zu gewährleisten. Die Unterkunftssätze, die im Leistungsrecht des BAföG gewährt werden, stellten ausdrücklich nur einen pauschalierten Zuschuss zu den Unterkunftskosten dar, die regelmäßig nicht zum Bestreiten der tatsächlichen Kosten ausreichen. Auch unter 25jährige haben deswegen einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Höhe, in der diese auch über 25jährigen zustehen (SG Kiel, Urteil vom 26.11.2013, S 30 AS 767/10; SG Kiel, Beschluss vom 9.8.2013, S 31 AS 251/13 ER – rechtskräftig; so bereits SG Schwerin, Beschluss vom 29.03.2007, S 10 ER 49/07 AS). Das Jobcenter Kiel hatte gegen die Entscheidung des SG Kiel zum Az. S 31 AS 251/13 ER zwar Beschwerde eingelegt, diese aber zurückgenommen, nachdem das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht die Rechtsauffassung des SG Kiel in rechtlichen Hinweisen für vertretbar erklärt hatte. Antrag der Ratsfraktion Die Linke

Anmerkungen

Beide Anträge sind zu begrüßen. Der Antrag zu dem Mietobergrenzen für unter 25jährige wurde – was ein neuerliches sozialpolitisches Armutszeugnis für die angeblich „soziale Stadt“ Kiel ist – bereits zweimal (in der Ratsversammlung am 22.02.2014 und 10.07.2014) zurückgestellt. Unverständlich ist, dass die Ratsversammlung offenbar in ihrer Sitzung am 22.01.2015 immer noch nicht über die seit dem 01.12.2014 geltenden Mietobergrenzen beschließen wird. Zur Kritik mehr hier. Die Tagesordnung mit allen Dokumenten finden Interessierte im Ratsinfosystem der Stadt Kiel (dort unter „Kalender“). Interessierte Bürger können die Ratsversammlung am Donnerstag, den 22.01.2015 ab 16.00 Uhr auch im Livestream beim Offenen Kanal Kiel verfolgen.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


5 Kommentare on “Sozialpolitische Anträge zur Kieler Ratsversammlung am 22.01.2015”

  1. Martina Bedregal Calderón sagt:

    Immer mehr Ämter, soziale Anlauf- und Beratungsstellen werden ausgelagert aus der Landeshauptstadt. Die Familienkasse (für Kindergeld) schon seit Jahren, und nun ist auch die Verlegung des Landesamtes für soziale Dienste im Gespräch. Wer aus Elmschenhagen oder Wellsee zum Amt für Soziales und Familie muss, hat per Bus eine teure Tagesreise bis in die Saarbrückenstraße (bei Plaza) vor sich. Menschen, die z. B. wegen starker Gehbehinderung die Rente einreichen, sollen zu Gutachterärzten bis nach Flensburg fahren aus Kiel, obwohl ärztliche Atteste bescheinigen, dass sie nicht reisefähig sind (in diesem Fall wird das Attest dann von der Rentenkasse als Nachweis fehlender Mitwirkung ausgelegt und die Rente abgelehnt). Und wie oben schon erwähnt, ist es gerade für Menschen mit kleinen Kindern und Behinderte oft sehr schwierig und kostenaufwändig, zu diesen Stellen zu gelangen.

    Hoffentlich bleibt das Landesamt für soziale Dienste in Kiel!

  2. Von den Ratsfraktionen der SPD und den Grünen halbherzig hinterhergeschickt, um den Antrag der CDU-Fraktion ablehnen zu können:

    SPD-Ratsfraktion
    Ratsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

    Zu Punkt der Tagesordnung

    Interfraktioneller Antrag
    0025/2015
    öffentlich
    13.01.2015
    Datum Gremium Antragsteller/innen
    Ö 29.01.2015 Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit

    Ratsherr Wehner, SPD-Ratsfraktion
    Bürgerliches Mitglied Pirwitz, Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

    Betreff:
    Soziale Beratungsinfrastruktur erhalten

    Antrag:

    Die Verwaltung wird gebeten, dem Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit darzu-legen, wie die Pläne des Landes Schleswig-Holstein für die Zukunft des Landesamtes für Soziale Dienste aussehen und was die Pläne für betroffene Kieler_innen bedeuten.

    Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich beim Land Schleswig-Holstein dafür einzusetzen, dass eine sachgerechte soziale Beratungsinfrastruktur für die Kielerinnen und Kieler vor-gehalten wird.

    Begründung:

    In den letzten Wochen haben sich die öffentlichen Spekulationen zur Zukunft des Landesamtes für soziale Dienste gemehrt. Verlässliche Informationen über die Pläne des Landes Schleswig-Holstein und die Konsequenzen für die Landeshauptstadt Kiel liegen der Selbstverwaltung nicht vor. Eine Verschlechterung der sozialen Beratungsinfrastruktur lehnt die Selbstverwaltung ab.

    Vor diesem Hintergrund soll die Verwaltung um einen Sachstand gebeten werden, um verlässliche Informationen zu den Plänen des Landes zu erhalten und ggf. zu beraten, wo Beratung und Dienstleistung in Kiel weiterhin stattfinden können.

    gez. Ratsherr Thomas Wehner f.d.R.
    SPD-Ratsfraktion

    gez. Bürgerliches Mitglied Ulrike Pirwitz f.d.R.
    Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

  3. Björn Nickels sagt:

    Hallo LeserInnen,

    siehe bitte nach meinem Kommentar die Infos „unter dem Strich —–„, welche ich aus dem
    Internet bzw. „Allris“ herauskopiert, betrifft Mietobergrenzen für unter 25jährige ohne abge-
    schlossene Berufsausbildung.

    Jetzt ist das ganze Thema schon zu folgenden Terminen in der Ratsversammlung gewesen
    und wurde immer aus taktischen Gründen zurückgestellt, verschoben, „woanders“ hin überwiesen usw.:

    – Ratsversammlung 22.02.2014
    – Ratsversammlung 10.07.2014
    – Ratsversammlung 22.02.2015

    Und jetzt am Freitag, 29.01.2015 erst einmal wieder im Sozialausschuss! M. E. dort mit
    ungewissen Ausgang?!

    Ich hoffe, dass die unter 25jährigen ohne abgeschlossene Berufsausbildung sich nicht mehr länger auf der Nase rumtanzen und sich rechtlich beraten und vertreten lassen und zwar
    bei Vorliegen der Voraussetzungen inkl. eines Überprüfungsantrages rückwirkend zum
    01.01.2014 (2014).

    Leider muss ich dieses hier so schreiben: Das ist die einzige Sprache, die die Ratsversammlung Kiel und die Landeshauptstadt Kiel versteht!

    ————————————

    „Irgendwo“ im Internet gibt es das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland umsonst.
    Ich hätte Lust, jedem der Ratsleute der Ratsversammlung Kiel, die dem „Verschieberritis“ zugestimmt haben, eins zu übergeben, und hierbei besonders auf den Artikel 3 GG hinzuweisen (Gleichheitsgrundsatz). Von abgeschlossener Berufsausbildung steht da nichts drin!

    http://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html

    Art 3
    (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

    ————————————–

    Verfasser dieses Kommentars, ich wiederhole: Jetzt am 29.01.2015 im Sozialausschuss
    im Rathaus Kiel:

    https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp

    Drucksache – 0141/2014

    Betreff: Mietobergrenzen für unter 25jährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung
    Status: öffentlich Drucksache-Art: Antrag DIE LINKE Ratsfraktion
    Federführend: Ratsfraktion DIE LINKE
    Beratungsfolge:

    Ratsversammlung
    20.02.2014
    Sitzung der Ratsversammlung zurückgestellt/vertagt
    10.07.2014
    Sitzung der Ratsversammlung zurückgestellt/vertagt
    22.01.2015
    Sitzung der Ratsversammlung
    Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
    29.01.2015
    Sitzung des Ausschusses für Soziales, Wohnen und Gesundheit

  4. Björn Nickels sagt:

    Korrektur meines 1. Kommentares v. heutigen 26.01.2015:

    Zitat:

    Jetzt ist das ganze Thema schon zu folgenden Terminen in der Ratsversammlung gewesen
    und wurde immer aus taktischen Gründen zurückgestellt, verschoben, “woanders” hin überwiesen usw.:

    – Ratsversammlung 22.02.2014
    – Ratsversammlung 10.07.2014
    – Ratsversammlung 22.02.2015

    Zitatende!


    Ratsversammlung Datum 22.02.2015 ist von mir falsch angegeben worden. Es hätte 22.01.2015 (also Januar und nicht Februar) heißen müssen.

    Dies bitte ich zu entschuldigen.


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