Mietobergrenzen im Kreis Segeberg teilweise falsch berechnet

Schleswig-Holsteinisches LSG

Nach einer aktuellen Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts hat die Firma empirica und dem folgend auch das Jobcenter im Kreis Segeberg die Mietobergrenze im Vergleichsraum IV-Ost für einen 3-Personenaushalt (75 qm große Mietwohnungen) aufgrund eines Rundungsfehlers falsch bestimmt. Anstatt 490,00 € beträgt die Mietobergrenze für einen 3-Personenaushalt demnach 500,00 € inklusive kalter Betriebskosten. Eine Abschließende Prüfung, ob das Berechnungskonzept des Kreises Segeberg den Anforderungen an ein sog. „schlüssiges Konzept“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt, wird das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht in einem Hauptsacheverfahren prüfen.

Weiter hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht entschieden, dass ein Umzug nach § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II auch dann „notwendig“ ist, wenn alleinerziehende Leistungsberechtigte – hier aufgrund des unerwarteten Todes der Mutter, die zuvor Betreuungsaufgaben übernommen hatte – in die Nähe von Verwandten ziehen wollen. Denn die – hier glaubhafte gemachte – Möglichkeit und Bereitschaft der Schwester, sich mit um die Kinder zu kümmern, erhöht auch die Eingliederungschancen alleinerziehender Leistungsberechtigter in den Arbeitsmarkt.

Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht, Beschluss vom 09.08.2018, L 3 AS 144/18 B ER

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


Jobcenter Segeberg verschickt Umzugsaufforderung wegen 1,78 € zu hoher Miete

(c) Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

(c) Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Eine Alleinerziehende Mutter und ihre zwei Kinder, die in Norderstedt in einer 68 Quadratmeter großen Wohnung leben, sind vom Jobcenter Segeberg mit Schreiben vom 18.03.2014 aufgefordert worden, ihre Unterkunftskosten unter anderem durch einen Umzug zu senken, weil ihre Miete 1,78 € über der vom Jobcenter als maßgeblich erachteten Mietobergrenze liegt. Wörtlich heiß es in dem Aufforderungsschreiben:

„Da ich nicht dauerhaft aus Mitteln des SGB II unangemessen hohe Unterkunftskosten zahlen darf, sollten Sie sich darum bemühen, Ihre Unterkunftskosten durch Wohnungswechsel, durch Untervermietung oder auf andere Weise zu senken.“

Weiter führt die Behörde in ihrer Senkungsaufforderung aus: „Nicht angemessenen Mieten können in der Regel längstens für drei Monate anerkannt werden (§ 22 Abs. 1 SGB II). Damit sind ab dem 01.08.2014 nur noch die angemessenen Kosten der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen.“

Wenn es nicht so traurig wäre, man müsste lachen: Eine Umzugsaufforderung wegen 1,78 €. Genau für Fälle wie diesen hat der Gesetzgeber in weiser Voraussicht in das Gesetz geschrieben: „Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel [Anm.: vom Jobcenter und damit dem Steuerzahler] zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre“ (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Was aber kann unwirtschaftlicher sein als ein Umzug wegen einer Ersparnis von 1,78 € im Monat?

Schlimmer noch ist aber, dass in der Senkungsaufforderung bewusst falsch über die Rechtslage informiert wird. Nicht angemessene Unterkunftskosten können nämlich keineswegs „in der Regel längstens für drei Monate anerkannt werden“, sondern – wie jeder des Lesens kundige leicht feststellen kann – „in der Regel (…) längstens für sechs Monate“ (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II).

Mehr als nur ein Geschmäckle hat zuletzt, dass dem Kreis Segeberg nach hiesigen Informationen ein neues Gutachten von Analyse & Konzepte mit neuen Mietobergrenzen vorliegt, welches aber noch “intern diskutiert” würde.

Zu diesem Artikel:

http://www.infoarchiv-norderstedt.org

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt