Prozesskostenhilfe: Keine Absetzung der Prämienzahlungen auf nicht staatlich geförderten Rentenversicherungsvertrag

Die monatlichen Prämienzahlungen auf einen privaten, nicht staatlich geförderten Rentenversicherungsvertrag können im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens nicht vom heranzuziehenden Einkommen in Abzug gebracht werden. Welche Rentenversicherungsbeträge im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens grundsätzlich abzugsfähig sind, ist gesetzlich geregelt. Gemäß § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB XII sind nur staatlich geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes abzugsfähig. Hierunter fallen entsprechend der Verweisung auf § 82 Abs. 1 EStG nur Leistungen auf einen nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrag (sog. Riesterrente).

Landgericht Lübeck, Beschluss vom 25.02.2022, 14 T 2/22 (Volltext auch im ersten Kommentar)

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


2 Kommentare on “Prozesskostenhilfe: Keine Absetzung der Prämienzahlungen auf nicht staatlich geförderten Rentenversicherungsvertrag”

  1. Volltext:

    Tenor

    Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 20. September 2021 in der Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 11. Januar 2022 wird zurückgewiesen.

    Gründe

    I.

    1

    Mit Antrag vom 29. Juli 2021 begehrt der Beklagte zu 2) Prozesskostenhilfe für seine beabsichtigte Verteidigung gegen eine Zahlungsklage in Höhe von 1.711,53 EUR zzgl. Zinsen und Rechtsanwaltskosten. Hierauf bewilligte das Amtsgericht Schwarzenbek Prozesskostenhilfe, dies allerdings mit der Anordnung von Ratenzahlungen auf die voraussichtlichen Kosten der Prozessführung i.H.v. 34 EUR/Monat. Hiergegen wandte sich der Beklagte zu 2) mit seiner Beschwerde vom 28. September 2021 mit der er bislang unberücksichtigte weitere monatliche Ausgaben in Höhe von XXX EUR auf eine private Rentenversicherung vortrug. Er meint, nach Berücksichtigung dieses Betrages verbliebe kein von ihm noch für Ratenzahlungen einsetzbares Einkommen. Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Januar 2022 nicht ab und begründete dies damit, dass die vorgetragene Versicherung lediglich der eigenen Kapitalbildung diene und daher nicht berücksichtigt werden könne.

    II.

    2

    Die sofortige Beschwerde ist zulässig aber unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die Bewilligung mit der Anordnung einer Ratenzahlung in Höhe von 34 EUR verbunden.

    3

    1. Auf die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene, zutreffende Berechnung des Einkommens des Beklagten zu 2) und der sich gemäß § 115 Abs. 4 ZPO errechnenden Ratenhöhe wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Einwendungen gegen diese Erhebungen sind nicht vorgebracht worden.

    4

    2. Entgegen dem Beschwerdevorbringen können die monatlichen Prämienzahlungen auf den von dem Beklagten zu 2) abgeschlossenen privaten Rentenversicherungsvertrag in Höhe von insgesamt XX Euro vom für die Zahlung der Verfahrenskosten heranzuziehenden Einkommen der Antragsgegnerin nicht zusätzlich in Abzug gebracht werden.

    5

    a. Welche Rentenversicherungsbeträge im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens grundsätzlich abzugsfähig sind, ist gesetzlich geregelt. Gemäß § 115 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB XII sind nur staatlich geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes abzugsfähig. Hierunter fallen entsprechend der Verweisung auf § 82 Abs. 1 EStG nur Leistungen auf einen nach § 5 AltZertG zertifizierten Altersvorsorgevertrag (sog. Riesterrente). Um eine solche Versicherung handelt es sich in dem vorliegenden Fall nach den vorgelegten Unterlagen gerade nicht.

    6

    b. Das Gericht vermag im Übrigen auch nach eingehender Prüfung keinen anderen im Ergebnis durchgreifenden Grund festzustellen, der eine Berücksichtigung dieser monatlichen Ausgaben gebieten könnte.

    7

    Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass das Recht der Prozesskostenhilfe letztlich im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG wurzelt und die entsprechenden Vorschriften damit vorrangig sozialrechtlich zu verstehen und auszulegen sind (MüKoZPO/Wache, 6. Aufl. 2020, ZPO § 114 Rn. 3). Für den Bereich der Anrechenbarkeit privater Lebens- oder Rentenversicherungen ist daher im Ergebnis konsequent anerkannt, dass abzugrenzen ist, ob die im Einzelfall investierten Beträge dazu dienen, ein sozialhilferechtlich anerkanntes, sich auf den Grundversorgungscharakter der gesetzlichen Rentenversicherung beziehendes Risiko abzudecken oder allein der privaten Vermögensbildung dienen (vgl. etwa OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 23. Juli 2020 – 5 WF 122/20 -, BeckRS 2020, 17296).

    8

    Dabei kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob bei nicht staatlich geförderten Verträgen grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass diese lediglich der privaten Vermögensbildung dienen und diese daher nicht abzugsfähig sind (OLG Nürnberg FamRZ 2015, 1917; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 17. Auflage 2020, § 115 Rn. 15) oder ob in Einzelfällen auch nicht staatlich geförderte Verträge berücksichtigungsfähig sind, wenn diese dazu dienen eine dringend benötigte ergänzende Altersabsicherung herbeizuführen um eine absehbare Versorgungslücke im Alter und damit einhergehend Bedürftigkeit und Sozialhilfebezug abzuwenden (dies ebenfalls offenlassend OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 23. Juli 2020, a.a.O.). Denn dafür, dass in dem hier zu entscheidenden Fall ein entsprechendes Risiko tatsächlich besteht, ist nichts ersichtlich und nichts vorgetragen. Dabei hat das Gericht insbesondere das noch junge Alter des Beklagten von derzeit 23 Jahren und den Umstand, dass dieser berufstätig und schuldenfrei ist, berücksichtigt und vor diesem Hintergrund keinen konkreten Anhaltspunkt dafür finden können, dass die monatlichen Raten hier nicht nur dem allgemeinen Vermögensaufbau dienen.

    9

    Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestehen nicht.

  2. Detlef Brock sagt:

    Interessant das dazu:

    Altersvorsorge: Keine Anrechnung bei Ratenrückzahlung von Verfahrenskostenhilfe

    Bezogener Altersvorsorgeunterhalt bleibt im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren bei der Ratenberechnung jedenfalls dann außer Betracht, wenn er bestimmungsgemäß verwendet wird (hier: Nachweis der Einzahlung auf ein Sparbuch). Über eine entsprechende Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 21.07.2021 (2 WF 128/21) informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

    Tacheles Rechtsprechungsticker KW 13/2022


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