Merkzeichen „G“ im Eilverfahren

(c) Thommy Weiss / pixelio.de

(c) Thommy Weiss / pixelio.de

Wer aufgrund einer Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit derart eingeschränkt ist, dass er im Straßenverkehr eine Wegstrecke von zwei Kilometern nicht innerhalb einer halben Stunde zurücklegen kann, hat einen Anspruch auf die Zuerkennung des Merkzeichens „G“ in seinem Schwerbehindertenausweis. Mit der Zuerkennung des Merkzeichens „G“ können Gehbehinderte gegen eine Eigenbeteiligung von 72 € im Jahr eine Wertmarke für die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr erhalten. Wer von Sozialleistungen (Sozialgeld bei voller Erwerbsminderung, Grundsicherung im Alter usw.) lebt, muss keine Eigenbeteiligung entrichten und erhält zudem einen Mehrbedarf in Höhe von 17 % des maßgeblichen Regelsatzes (im Jahr 2015 67,83 € für eine alleinstehende Person).

Im Anschluss an eine Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hat das Sozialgericht Kiel entschieden, dass Grundsicherungsbezieher im Fall der Ablehnung ihres Antrages auf Zuerkennung des Merkzeichens „G“ ihren Anspruch auf dessen vorläufige Feststellung auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren verfolgen können. Zwar sei es Betroffenen grundsätzlich zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (Widerspruch, Klage) abzuwarten. Beziehe der Gehbehinderte allerdings Grundsicherungsleistungen und mache er einen Mehrbedarf (hier nach § 30 Abs. 1 SGB XII) in Höhe von 67,83 € geltend, den er nur nach Zuerkennung des Merkzeichens „G“ erhalten könne, so sei die Zuerkennung notwendige Voraussetzung für die Sicherstellung seines verfassungsrechtlichen garantierten Existenzminimums. Damit läge die besondere Eilbedürftigkeit für ein Eilverfahren vor.

(SG Kiel, Beschluss vom 10.11.2015, S 20 SB 7/15 ER – rechtskräftig)

Erstveröffentlichung in HEMPELS 1/2016

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt



Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..