WG-Bewohner haben Anspruch auf Leistungen für die Unterkunft in Höhe von Alleinstehenden!

Da es sich leider bei den Grundsicherungsträgern in Schleswig-Holstein noch immer nicht hinreichend herumgesprochen zu haben scheint, weise ich an dieser Stelle noch einmal darauf hin: Hilfebedürftige nach dem SGB II, die nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen leben sondern in einer reinen Wohngemeinschaft, haben einen Anspruch auf Leistungen für die Unterkunft in Höhe des Leistungsanspruches einer alleinstehenden Person (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06 R; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 14.09.2006, L 6 AS 6/06). Dieser beträgt in Kiel seit dem 01.12.2010 308,50 € bruttokalt. Konkret bedeutet dies, dass in Kiel folgende Höchstmieten bruttokalt (d.h. einschließlich Betriebskosten und ohne Heizkosten) für eine „Hartz IV-WG“ anzuerkennen sind:

Anzahl der WG Bewohner

Mietobergrenze ab 1.12.2010

2er WG

617,00 €

3er WG

925,50 €

4er WG

1.234,00 €

5er WG

1.542,50 €

6er WG

1.851,00 €

Die dargestellten Mietobergrenzen werden von der Landeshauptstadt Kiel in der Richtlinien über die Angemessenheit von Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und § 35 SGB XII in der Fassung vom 17.03.2012 nunmehr anerkannt (siehe 2.c, download hier).

Bei „gemischten WG“ aus Leistungsberechtigten und Nichtleistungsberechtigten gilt:

(1) Besteht ein Untermietvertrag, ist die vereinbarte Untermiete des Leistungsberechtigten (so wohl auch BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 61/06 R, Rz. 19) in Kiel bis zu einer Höhe von 308,50 €  als „angemessen“ im Sinne von § 22 SGB II anzuerkennen.

Nachtrag 15.04.2012: Diese Rechtsfrage ist jetzt beim BSG anhängig (vgl. Anhängige Rechtsfragen des 14. Senats, Stand 10.04.2012).

B 14 AS 36/12 R Vorinstanz: LSG Chemnitz, L 7 AS 3/09
Können auch solche Aufwendungen als Kosten der Unterkunft iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 berücksichtigt werden, die nach dem Kopfteilprinzip nicht auf den Leistungsberechtigten entfallen, zu deren Übernahme er sich jedoch vertraglich verpflichtet hat?

(2) Bestehen keine einzelnen Untermietverträge, hat eine Aufteilung nach Kopfzahl zu erfolgen. Beispiel: Bei einer Bruttokaltmiete von 600,00 € und 3 WG-Bewohnern stehen dem leistungsberechtigten Mitbewohner Kosten der Unterkunft in Höhe von 200,00 € bruttokalt zu.

Gerade vor dem Hintergrund, dass in Kiel vor allem kleine und einfache Wohnungen immer teurer werden (kn-online vom 11.11.2011), sollten die Grundsicherungsträger die Gründung von Wohngemeinschaften begrüßen, anstatt diese durch Fehlinformationen über die angeblich maximal anerkennungsfähigen (niedrigeren) Mieten zu verhindern.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


16 Kommentare on “WG-Bewohner haben Anspruch auf Leistungen für die Unterkunft in Höhe von Alleinstehenden!”

  1. Quinten Delius sagt:

    Genau diese Information habe ich gesucht, vielen Dank! – Würde mich gerne mal mit jemandem austauschen der / die das schon umgesetzt hat.

    • hil sagt:

      @ Quinten Delius: In Kiel leben Empfänger von Leistungen nach dem SGB II in Wohngemeinschaften und die Kosten werden in der von mir genannten Höhe anerkannt. Allerdings informieren mich meine Mandanten regelmäßig, dass ihre Integrationsfachkräfte sie über die maximal anerkennungsfähigen Unterkunftskosten falsch beraten und auch bei einem Mitarbeiter der Widerspruchsstelle des Jobcenters Kiel löste mein Hinweis auf die Rechtsprechung vor einiger Zeit hörbares Entsetzen aus. Kurzum: Die Rechtsprechung ist nicht neu, aber offenbar noch längst nicht überall bekannt.

      Helge Hildebrandt

  2. Lukas sagt:

    Kurz zum Sachverhalt:
    Ich lebe bei meiner Schwester (Hauptmieter) zur Untermiete.
    Nun wollte das JC eine Berechtigung, dass sie untervermieten darf und den Hauptmietvertrag. Ersteres wurde vorgelegt, der Hauptmietvertrag wiederum nicht mit der Begründung, er wäre, was meine Leistungen angeht, nicht relevant, da ich ja einen Untermietvertrag habe.
    Nun wurden mir von meinen ca. 200 € Untermiete (ich bewohne ein Zimmer) nur 75€ bewilligt, was weder begründet wurde noch nachvollziehbar ist für mich. Meine Frage: Ist es denn potentiell richtig, dass man die Höhe an Miete aus dem Untermietvertrag zahlen muss? Bitte auch um Urteile etc., um gegebenenfalls meinem Widerspruch gut begründen zu können.

    LG Lukas

    • Die Untermieterlaubnis hätte nicht vorgelegt werden müssen, siehe: https://sozialberatung-kiel.de/2011/12/02/keine-pflicht-zur-vorlage-einer-untermieterlaubnis/

      Dass sich Ihre Unterkunftskosten aus Ihrem Untermietvertrag ergeben, brauchen Sie weder begründen noch hierfür Rechtsprechung anführen, weil dies selbstverständlich ist. Aus welchem Schuldverhältnis sollte sich sonst Ihre Verpflichtung zur Mietzahlung ergeben, wenn nicht aus dem Untermietvertrag? Und in diesem Zusammenhang: Es bedarf nicht einmal eines schriftlichen Untermietvertrages, vgl. etwa BSG, Urteil vom 7. 5. 2009 – B 14 AS 31/07 R, dort Rn. 18.

      • Lukas sagt:

        Meine Kaltmiete beträgt 174€, die Nebenkosten 50€ (Nebenkosten sind nicht weiter aufgeschlüsselt in Wasser, Heizen ect.)

        Bewilligt wurden Kaltmiete 58€ und 16,67€ Nebenkosten mit Bezug auf Paragraph 22 Abs. 1 SGB 2
        Zudem ist darunter die Anmerkung:
        „Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden zu gleichen Teilen auf die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft aufgeteilt.“

        Mein Vorgehen wäre ja gewesen, nocheinmal nachzufragen was genau nun schon wieder zu beanstanden ist. Aber nach dreimonatigen warten bis ich überhaupt mal einen Bescheid in Händen hielt zweifle ich stark an der Bereitschaft des JC mir in irgendeiner Form zu helfen. Bei Fragen ist die Vorgehensweise…Termin in 5-7 Wochen und damit hat es sich.

        • Wohnen vielleicht drei Personen in der Wohnung? 174,00 € / 3 = 58,00 €.

          • Lukas sagt:

            Insgesamt sind es drei Personen (zwei ohne Leistungsbezug) und die 175 € sind meine Miete aus einem Untermietvertrag. Somit sollte diese meiner Auffassung nach auch nicht geteilt werden.

            Ich habe nun ersteinmal Widerspruch eingelegt gegen den Bescheid.

  3. Lukas sagt:

    Die 175€ sind lediglich der Teil den ich in meinem Untermietvertrag habe. Es handelt sich um eine 5 Raum-Wohnung die Miete des Hauptmieters ist mir nicht bekannt.
    Deshalb ist es für mich nicht nachvollziehbar weshalb meine Untermiete durch drei geht bzw nicht gezahlt wird in vertraglicher Höhe.

    • Okay, sehe gerade, dass ich das falsch verstanden habe. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass das Jobcenter den Untermietvertrag ggf. für den Haupmietvertrag gehalten hat. Anders ist ja der Bescheid kaum zu verstehen. Widerspruch einlegen, Abhilfefrist setzen. Wenn Sie keine Rücklagen haben um die Mietdifferenz aufzubringen. ggf. über Eilverfahren nach § 86 b SGG nachdenken, denn das Jobcenter kann sich mit der Entscheidung über Ihren Widerspruch bis zu 3 Monate Zeit lassen, vgl. 88 SGG.

      • Lukas sagt:

        Auf meinen Widerspruch bekam ich die Antwort: „Den Bescheid vom…ändere ich insoweit ab, als das die anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung entsprechend des Hauptmietvertrages übernommen wurden.

        Ihrem Widerspruch konnte demnach in vollem Umfang entsprochen werden.“

        Nun ist mir im Bescheid aufgefallen das bei Kdu von Haushaltsgemeinschaft die Rede ist…
        Meines Erachtens nach trägt die Arge die Beweislast für das Vorliegen einer HG. Kann sie nicht nachweisen, das „aus einem Topf“ gewirtschaftet wird, dann handelt es sich doch zwangsläufig um eine WG? Oder ist der Untermietvertrag egal ob HG oder WG maßgebend?

  4. werner sagt:

    Tolle Info. Hänge jetzt auch in so einem Problem … der Landkreis Göttingen (!) zickt auch rum. Wie sieht es aus, wenn ein Bewohner GruSi bezieht, der zweite aber eigenes Einkommen hat. Hier sagt der Landkreis Göttingen, Miete von 660 € (geteilt durch 2 = 330€ pro Bewohner) wären zu viel … wollen NUR 260 € zahlen … und der GruSi-Bezieher darf OHNE Erlaubnis KEINEN Mietvertrag abschließen … wo sind wir?

  5. Michael sagt:

    Hallo,

    und wie sieht es HEUTE (2019) mit den Kosten aus? Egal ob Kiel oder woanders in der BRD, überall versuchen die JC`s die Leistungsbezieher „über`n Tisch zu ziehen“….


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