Grundsicherung: Angemessene Unterkunftskosten auch nach nicht notwendigem Umzug!

Bezieher von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII haben einen Anspruch auf Übernahme ihrer Unterkunftskosten in Höhe der jeweiligen Mietobergrenze auch dann, wenn sie ohne Zustimmung des Leistungsträgers umgezogen sind. Dieser Anspruch folgt aus § 35 SGB XII. Auch bei einem nicht erforderlichen Umzug sind die Unterkunftskosten in angemessenem Umfang – d.h. in Kiel bis zu den von den Gerichten zugrunde gelegten Mietobergrenzen – anzuerkennen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu der Regelung im SGB II (ALG II). Dort gilt nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II: „Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt.“

Sozialgericht Kiel

Der Leistungsträger kann notwendige Umzugskosten nicht mit der Begründung ablehnen, er habe die Zustimmung zum Umzug verweigert. Denn das Zustimmungserfordernis in § 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII bezieht sich auf die Umzugskosten und nicht auf den Umzug. Die Zustimmung zu den Umzugskosten kann aber bis zum Entstehen der Umzugskosten (Fälligkeit der Forderung) noch erteilt werden. Die Zustimmung ist zu erteilen (Ermessensreduzierung auf Null), wenn der Umzug notwendig ist, d.h. wenn ein plausibler, nachvollziehbarer Grund für den Umzug vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfebezieher leiten lassen würde. Dies ist insbesondere bei umfangreichem Schimmelbefall anzunehmen.

Leistungen für die Erstausstattung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII umfassen einzelne Möbel und Haushaltsgeräte wie etwa einen Kühlschrank und sind zu erbringen, wenn der Bedarf erstmalig entsteht (Abgrenzung zum Erhaltungs- oder Ergänzungsbedarf ehemals vorhandener aber unbrauchbar gewordener Einrichtungsgegenstände oder Haushaltsgeräte).

Das alles ist nicht neu. Bei der Stadt Kiel müssen Hilfebedürftige die ihnen gesetzlich klar zustehenden Ansprüche aufgrund einer fachlich offenbar überforderten Rechtsabteilung leider dennoch im einstweiligen Rechtsschutz vor Gericht geltend machen. Traurig, aber wahr.

Der Beschluss des SG Kiel vom 23.02.2012, S 24 SO 4/12 ER findet sich zum Download hier:

SG Kiel, Beschluss vom 24.02.2012, S 24 SO 4/12 ER

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


3 Kommentare on “Grundsicherung: Angemessene Unterkunftskosten auch nach nicht notwendigem Umzug!”

  1. […] genehmigt bekommen kann, SOFERN diese die Angemessenheit im neuen Wohnort nicht übersteigen. https://sozialberatung-kiel.de/2012/0…endigem-umzug/ Viel […]


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