Preiserhöhung bei den Stadtwerken Kiel: Branchenüblich, verbraucherfeindlich, Gift für den Klimaschutz

KMVKiel, 18.03.2014. Für den Kieler Mieterverein ist die aktuelle Kündigungswelle von Wärmelieferungsverträgen durch die Stadtwerke nur die konsequente Fortsetzung eines langen Weges der Stadtwerke, auf dem sie sich mit Riesenschritten von einem vorbildlichen kommunalen Unternehmen zu einem Energieversorger entwickeln, der nur noch schwer von den Großen der Branche zu unterscheiden ist.

Es ist noch gar nicht lange her, dass der Kieler Mieterverein die Stadtwerke ausdrücklich wegen ihres Fernwärmetarifes gelobt hat. Der war nämlich ursprünglich zu 100 % linear. Haushalte, die bewusst Raumwärme und Energie gespart haben, wurden durch außerordentlich niedrige Heizkosten belohnt, Vielverbraucher durch hohe Heizkosten zum sparsamen Verbrauch von Raumwärme angeregt. Der Tarif war zugleich ein ganz starker Anreiz an Kiels Vermieter, ihre Heizungsanlagen zu modernisieren und den Wärmeschutz ihrer Gebäude zu verbessern. Solche Maßnahmen zahlten sich unmittelbar in spürbar niedrigeren Energiekosten aus.

Diesen Trend haben die Stadtwerke vor wenigen Jahren abrupt gestoppt mit der Einführung eines gesplitteten Tarifs, nach dem 50 % der Heizkosten verbrauchsunabhängig als Grundkosten umgelegt und nur noch die zweite Hälfte verbrauchsabhängig abgerechnet wurde. Resultat: Der  Nutzeffekt energetischer Investitionen hat sich ebenfalls halbiert und damit das Interesse in Energieeinsparung zu investieren. Der Kieler Mieterverein hatte seinerzeit mit Brandbriefen an verantwortliche Wohnungs- und Energiepolitiker versucht, den Tarifwechsel zu verhindern. Leider erfolglos.

Vor wenigen Monaten haben die Stadtwerke dem Kieler Mieterverein dann eröffnet, dass sie den ohnehin sehr viel nachteiligeren 50 % zu 50 %-Tarif noch einmal verschärfen wollen. Der Grundkostenanteil wird weiter erhöht mit der Folge, dass Abnehmer mit sehr niedrigem Energieverbrauch höher belastet und Hochverbraucher entlastet werden. Klimaschutz ade! Mit der aktuellen Kündigungswelle wird die Absicht umgesetzt.

Der Kieler Mieterverein hält seine Kritik an den Stadtwerken aufrecht und fordert die Verantwortlichen in Kiel, in Mannheim und bei den Stadtwerken auf, den Schritt noch einmal zu überdenken. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit geht der Kieler Mieterverein aber davon aus, dass auch dieser Appell verpuffen wird. Schließlich hat sich die Stadt die Suppe selbst eingebrockt. Wer seine Unternehmen der Daseinsvorsorge einfach verscheuert, darf sich nicht wundern, wenn die Erwerber mit diesen Unternehmen genau das Riesengeschäft machen, das die Stadt mit ihrem Eigenbetrieb eigentlich verhindern wollte. Das war bei der KWG so, die in kommunaler Trägerschaft preiswertes und sicheres Wohnen in einem gepflegten Gebäudebestand garantiert hat. Die Erwerberin Deutsche Annington ist an der Landeshauptstadt nicht interessiert, sondern an ihrer eigenen Rendite. Das ist jetzt bei den Stadtwerken genauso. Der Mehrheitseigentümer sitzt in Mannheim. Was interessiert es den, ob es in Kiel gelingt, den Klimaschutz zu fördern und eine preiswerte faire Fernwärme anzubieten.

Dies alles spräche dafür, dass die Stadt die fehlenden zwei Prozentpunkte zurückkauft, um wieder die Mehrheit bei den Stadtwerken zurück zu erlangen. Aber auch diese Hoffnung wird wohl illusorisch sein, weil der Preis für diese zwei Prozentpunkte heute wohl höher liegen wird als der damalige Kaufpreis von 51 %.

Deswegen spricht sich der Kieler Mieterverein dafür aus, dass den Stadtwerken Alternativen entgegen gestellt werden. Dies können unabhängige Nahversorgungsnetze für Raumwärme sein, Blockheizkraftwerke, die eine günstige Stromversorgung mit der Erzeugung von Raumwärme verbinden und auch Windkraftanlagen, die dezentral zur Energieversorgung beitragen. Der langsame Wiederaufbau einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft könnte ein derartiges Konzept gut flankieren. Die Ausverkäufer in der Landeshauptstadt haben ihr großen Schaden zugefügt. Aber niemand hindert diese Stadt daran, langfristig zu planen und die Daseinsvorsorge allmählich wieder in eigene Regie zu übernehmen. Es ist höchste Zeit!

Nähere Auskünfte zu allen hiermit zusammenhängenden Fragen erteilt der Kieler Mieterverein für seine Mitglieder. Dessen Geschäftsstelle befindet sich in der Eggerstedtstraße 1, 24103 Kiel. Der Verein ist unter der Rufnummer 0431/97919-0 oder per eMail info@kieler-mieterverein.de zu erreichen.

Verantwortlich: Jochen Kiersch, Kiel

Quelle: Kieler Mieterverein e.V.


4 Kommentare on “Preiserhöhung bei den Stadtwerken Kiel: Branchenüblich, verbraucherfeindlich, Gift für den Klimaschutz”

  1. Martina Bedregal Calderón sagt:

    Und während der kleine Mann spart, wird in Discountern, Bankfilialen und Ähnlichem auch im Sommer munter geheizt (ich sehe dort oft, dass auch im Sommer die Heizthermostate auf 4-5, also auf Höchststufe stehen).

    Außerdem hat man das Gefühl, das die Preise für Heizung, Strom, Gas um so mehr steigen, je mehr der Bürger spart.

    • Das Problem ist, dass der „kleine Mann“ (und auch die „kleine Frau“) kaum noch sparen können, wenn die Fernwärmekosten zu einem immer größeren Teil verbrauchsunabhängig berechnet werden. Du zahlst dann einfach ganz überwiegend dafür, eine Heizung zu haben – unabhängig davon, ob Du sie anstellst. Das ist nicht nur verbraucherfeindlich und unökologisch, weil der sparsam heizende Stadtwerkekunde „bestraft“ wird, sondern es stellt sich im SGB II auch die Frage, ob Heizkosten, die ganz überwiegend verbrauchsunabhängig berechnet werden, noch auf unwirtschaftlichem Heizverhalten des Leistungsberechtigten beruhen können und deswegen als „unangemessen“ hoch nicht mehr voll übernommen werden dürfen, vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

  2. Björn Nickels sagt:

    Ich zitiere vorab 2 Zeilen von den „Richtlinien Kiel“. Hier geht es um die Angemessenheit der Heizkosten und zwar um die Berücksichtigung der „Brennstoffpreise“.

    Zitat:

    „Bei der Angemessenheit der Heizkosten ist folgendes zu berücksichtigen:“

    „4. die örtlichen Gegebenheiten (Klima, Brennstoffpreise)“

    Zitatende!

    Ich kann nur hoffen, dass wenn die Stadtwerke Kiel jetzt nach und nach die Fernwärme Rechnungen erhöhen, dass es dann nicht zu einer Prozess-Lawine vor dem Sozialgericht Kiel kommt. Denn unter den 70 000 Stadtwerke-KundInnen sind auch Leistungsberechtigte (Bedürftige). Und bei diesen besteht die Gefahr, dass aufgrund höherer Heizkosten die Gesamtmiete zu hoch wird.

    (In der Vergangenheit gab es ja schon eine Prozess-Lawine wegen der kalten Betriebskosten; folgt jetzt die Heizkosten-Prozess-Lawine?)

    ——————————————

    Klicke, um auf KdU-Kiel—14.12.2012.pdf zuzugreifen

    Richtlinien für die Angemessenheit von Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und § 35 SGB XII zuletzt geändert durch Beschluss der Ratsversammlung am 13./14.12.2012

    1.
    Angemessener Unterkunftsbedarf–Mietobergrenzen. Die nachfolgenden Tabellen stecken den Rahmen ab, in dem Mieten (Bruttokaltmieten) als
    angemessen in der Landeshauptstadt Kiel zu betrachten sind.

    Seite 8:

    6.
    Aufwendungen für Heizung

    a) Grundsatz

    Die Tabellensätze der Mietobergrenzen (siehe 1.) enthalten keine Kosten für Heizung. Grundsätzlich sind Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Ausschließlich dann, wenn es Hinweise für unwirtschaftliches Verhalten gibt, können Maßnahmen zur Senkung dieser Kosten ergriffen werden. Vergleichsmaßstab kann bei Mehrfamilienhäusern der durchschnittliche Verbrauch der Wohneinheiten im Gebäude sein. Soweit Heizkosten aufgrund schlechter Isolierung überdurchschnittlich hoch sind, sind entsprechend höhere Kosten als angemessen anzuerkennen.

    Bei der Angemessenheit der Heizkosten ist folgendes zu berücksichtigen:

    1. der individuelle Bedarf, also die persönlichen und familiären Verhältnisse (zum Beispiel Kleinkinder, alte Menschen, Menschen mit Behinderung, Erwerbstätigkeit),

    2. die Größe und Beschaffenheit der Wohnung (Lage, Bauzustand, Wärmedämmung, Dichtigkeit der Fenster, Raumhöhen),

    3. die vorhandenen Heizmöglichkeiten (Art, Alter, Zustand und Betriebsart der Heizanlage)

    4. die örtlichen Gegebenheiten (Klima, Brennstoffpreise)

    Liegen konkrete Anhaltspunkte für unangemessenes Heizverhalten vor, muss der/die Leistungsberechtigte schriftlich über sein/ihr Fehlverhalten in Kenntnis gesetzt werden.

  3. Gerd Groth sagt:

    Die Stadt Kiel täte sich einen Gefallen, wenn sie entweder die entsprechenden Anteile zurück kauft oder schnell Alternativen schafft. Die Mehrkosten die den Betroffenen entstehen werden, wird das Jobcenter tragen müssen. Wo soll denn ein Kieler eine Wohnung in Kiel finden, die keine Fernwärme – Heizung hat. Es gibt sicher Wohnungen die mit anderen Heizsystemen ausgestattet sind. Allerdings sind Stadtteile wie z.B. Mettenhof zu 98% von den Stadtwerken abhängig. Das führt zwangsläufig dazu das mehrere Tausend Menschen deren Gesamtmiete zu hoch werden könnte. Soviel angemessenen Wohnraum hat die Stadt Kiel nicht.

    Es kommt schon alleine aus der Not heraus zu den Klagen.


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