Wie Jobcenter gerichtliche Eilverfahren vermeiden können – und wie nicht!

Vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes ist Behörden die Möglichkeit zu geben, ihr Verwaltungshandeln zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Hierzu ist den Sozialbehörden eine angemessene Frist zu gewähren, die – je nach Sachverhalt und Eilbedürftigkeit – zwischen einem halben Werktag (Sozialgericht Schleswig, Beschluss vom 07.11.2007, S 7 AS 770/07 ER) und zwei Wochen liegen kann.

Möchten Behörden Eilverfahren vermeiden, empfiehlt es sich für diese, sich innerhalb der gesetzten Frist wenigstens bei den Bevollmächtigten zu melden – und sei es nur, um eine Fristverlängerung zu erwirken. Das sollten die Sachbearbeiter der Grundsicherungsträger – wenn sie denn schon das Telefon benutzen möchten – sinnvoller Weise aber nicht mit unterdrücken Rufnummern und ohne eine Nachricht auf etwaigen Anrufbeantwortern machen. Denn dann – oh Wunder – erreicht die Nachricht die Bevollmächtigten nicht mit der Folge, dass die Grundsicherungsträger die Kosten sozialgerichtlicher Eilverfahren zu tragen haben:

„Die offenbar zuvor an diesem Tag mit unterdrückter Rufnummer und ohne das Hinterlassen einer Nachricht auf dem Anrufbeantworter des Prozessbevollmächtigten unternommenen telefonischen Kontaktversuche des Antragsgegners haben den Prozessbevollmächtigten nach seinem nachvollziehbaren Vortrag nicht erreicht. Die Kammer geht davon aus, dass es bei diesem Hergang nach dem Veranlassungsprinzip der Antragsgegner allein zu vertreten hat, dass ein gerichtliches Eilverfahren angestrengt wurde.“ (SG Kiel, Kostenbeschluss vom 05.11.2018, S 41 AS 276/18 ER)

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


4 Kommentare on “Wie Jobcenter gerichtliche Eilverfahren vermeiden können – und wie nicht!”

  1. Björn Nickels sagt:

    Mich würden mal folgende Punkte interessieren:

    1) Warum ruft das Jobcenter Kiel dich (Rechtsanwalt Helge Hildebrandt) mit „unterdrückter Rufnummer“ an? (Da du wohl regelmäßig mit dem Jobcenter Kiel telefonierst sind dir die Telefon-Durchwahlen der Verantwortlichen bestimmt bekannt, oder?)

    2)
    Wie viel eigentlich vermeidbare Kosten sind so für die SteuerzahlerInnen entstanden, denn durch den Anruf mit unterdrückter Rufnummer und das Nicht-Auf-den-Anrufbeantworter-Sprechen musste das gerichtliche Eilverfahren dann ja tatsächlich durchgeführt werden!

    • Zu 1) Das frage ich mich auch.

      Zu 2) Schwer zu sagen. Anwaltsstunden, Richterstunden, Gehalt der Miterbeiter in der Widerspruchsstelle sowie Kosten der gesamten vorzuhaltenden Infrastruktur. Klar ist: Fehler verursachen immer Kosten. In der Privatwirtschaft wie beim Staat. Deswegen sollten sie so weit wie möglich vermieden werden.

  2. kmnstr sagt:

    Immer wieder hochinteressant und super, dass sie dies auch veröffentlichen; eine Art Whistleblower !

    Leider findet man den erwähnten Beschluss vom 07.11.2007 im Internet nicht. Könnten Sie ihn bitte veröffentlichen?

    • Neben den „größeren“ Rechtsfragen sind häufig die „Kleinigkeiten“ wie eine schlechte Erreichbarkeit oder eben Anrufversuche mit unterdrückter Rufnummer und ohne eine Nachricht zu hinterlassen, die einem das (Anwalts-) Leben unnötig schwer machen. Dazu mal aus meinem Schriftsatz:

      „Der Verbis Vermerk vom 11.10.2018 ist unvollständig. Ich habe Frau X darauf hingewiesen, dass ich am 10.10.2018 ab circa 9.00 Uhr an meinen Arbeitsplatz war. Allerdings laufen hier Anrufe auf den Anrufbeantworter, wenn ich mich selbst in einem Telefonat befinde. Zudem habe ich Frau X darauf hingewiesen, dass ich selbst in Beratungen Anrufe von Behörden und Gerichten entgegennehme, zumal dann, wenn ich Frist gesetzt habe. Hierzu muss ich aber die Rufnummern sehen können. Soweit Rufnummern nicht unterdrückt sind, rufe ich auch zurück (bei unterdrückten Rufnummern ist dies naturgemäß nicht möglich). Weiter wies ich Frau X darauf hin, dass ich sicher per Fax oder E-Mail zu erreichen bin. Es ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel, wie man darauf verfallen kann, in einer eiligen Angelegenheit – wenn man denn schon das Telefon benutzen möchte – mit unterdrückter Rufnummer anzurufen und – wenn niemand abnimmt – nicht einmal auf den Anrufbeantworter zu sprechen. Die Antragsgegnerin hat es zu vertreten, wenn sie bei dieser Verfahrensweise Rechtsanwälte nicht erreicht, um die von ihr gewünschte Fristverlängerung – die ihr gewährt worden wäre – zu erbeten.“

      Im Beschluss geht es im Grunde nur um die genannte Frage, deswegen habe ich den nicht eingestellt, zumal das anonymisieren auch immer zusätzliche Arbeit macht.


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