Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts!

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Leben Eltern gemeinsamer Kinder getrennt, kann der hilfebedürftige Elternteil, bei dem die Kinder nicht leben, grundsätzlich vom Jobcenter die Erstattung der ihm für die Fahrten zu seinen Kindern entstandenen Kosten verlangen. Übernommen werden entweder die tatsächlichen Kosten für Bus und Bahn oder bei Nutzung eines Pkw pauschal 20 Cent je Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung (siehe dazu die Diskussion in den Kommentaren). Die Anspruchsgrundlage findet sich seit Juli 2010 in § 21 Abs. 6 SGB II.

SG Kiel: Fahrten zur Schule sind keine Fahrten zur Mutter

In einem Beschluss vom 24.08.2011 hat das Sozialgericht Kiel nun die Auffassung vertreten, dass der Vater, der seine Tochter nach deren Aufenthalt bei ihm nicht direkt zur Mutter zurückbringt, sondern sogleich zu der – nur 500 Meter vom Wohnort der Mutter gelegenen – Schule, für diese Fahrten keine Kostenerstattung verlangen könne, weil es sich nicht um besondere trennungsbedingte Kosten handeln würde. Das ist unzutreffend: Die Fahrten sind nur deswegen erforderlich, weil die Tochter nicht beim Vater lebt. Denn würde die Tochter beim Vater leben, würde sie natürlich auch am Wohnort des Vaters – und nicht der Mutter – zur Schule gehen. Die Fahrtkosten sind damit allein durch die Trennung bedingt.

SG Kiel: 12 € Fahrtkosten weichen nicht erheblich vom durchschnittlichen Bedarf ab

Die vom Gericht im Grundsatz anerkannten verbleibenden Fahrtkosten von 12 € im Monat für die Fahrten direkt zur Mutter sind nach Auffassung des Gerichts so gering, dass diese nicht als erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichend anerkannt werden könnten. Vergegenwärtigt man sich indessen, dass im Regelsatz für eine alleinstehende Personen lediglich 22,78 € für Fahrtkosten vorgesehen sind, ist die These des Gerichts, wonach rund 53 % höhere Kosten nicht erheblich vom Durchschnitt abweichen sollen, gleichfalls nur schwer nachvollziehbar.

(SG Kiel, Beschluss vom 24.08.2011, S 33 AS 232/11 ER)

Erstveröffentlichung in HEMPELS 10/2011

Nachtrag 03.12.2014: Im Hauptsacheverfahren hat nun die 32. Kammer am SG Kiel mit Urteil vom 24.06.2014, S 32 AS 462/11, grundsätzlich anders entschieden: Es sei „gänzlich unerheblich“, ob der Kläger seine Tochter zur Schule oder zur Mutter gebracht bzw. von dort abgeholt habe. Die 32. Kammer hat 20 Cent je „Entfernungskilometer“ zwischen Wohnort und Tochter berücksichtigt, allerdings wegen des erst nach der Entscheidung des SG mit Entscheidungsgründen veröffentlichten Urteils des BSG vom 04.06.2014,  B 14 AS 30/13 R, welches die tatsächlich gefahren Kilometer als Umgangskosten anerkennt, die Berufung zugelassen.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt