Bei Pauschalmieten kein Stromkostenabzug!

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Zahlen Hartz IV-Empfänger eine Miete, mit der auch die Stromkosten pauschal abgegolten werden, darf das Jobcenter die Leistungen für die Unterkunft trotzdem nicht um einen aus den Regelleistungen ermittelten Anteil für Haushaltsenergie kürzen. Dies entschied das Bundessozialgericht (BSG) am 24.11.2011.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall zahlte ein ALG II-Bezieher für ein Zimmer, welches er zur Untermiete bewohnte, monatlich pauschal 110 € inklusive aller Nebenkosten einschließlich Strom. Obwohl die Unterkunftskosten sehr günstig waren, zog das Jobcenter in Hamburg 28 € für Strom von den Leistungen für die Unterkunft ab.

Das BSG urteilte, das LSG Hamburg habe zutreffend entschieden, dass für die vom Jobcenter vorgenommene Kürzung der Leistungen für die Unterkunft um einen aus den Regelleistungen ermittelten Anteil für Haushaltsenergie keine Rechtsgrundlage gegeben ist. Das Leistungssystem des SGB II lasse eine individuelle Bedarfsermittlung bei den in der Regelleistung enthaltenen Bedarfen grundsätzlich nicht zu. Insbesondere sei die von der Rechtsprechung entwickelte Behandlung der Kosten der Warmwasseraufbereitung, die der Gesetzgeber mit § 20 Abs. 1 SGB II neuer Fassung („ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile“) fortentwickelt hat, nicht auf die Stromkosten als Bestandteil einer Inklusivmiete übertragbar (BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 151/10 R, siehe Terminbericht des BSG Nr. 60/11 zur Terminvorschau Nr. 60/11).

Hinweise zur Pauschal- bzw. Inklusivmiete

Eine Pauschal- bzw. Inklusivmiete ist vereinbart, wenn die Miete sowie sämtliche Mietnebenkosten mit der monatlichen Mietzahlung endgültig abgegolten sind. Werden für Nebenkosten wie umlagefähige kalte Betriebskosten, Heizkosten, an die Stadtwerke direkt zu zahlende Wasserkosten, Stromkosten, Gaskosten usw. Abschläge gezahlt und erfolgt jährlich eine Abrechnung nach dem tatsächlichen Verbrauch, liegt insoweit keine Pauschalmiete vor. Möglich ist es aber, einige Nebenkosten pauschal und andere nach dem tatsächlichen Verbrauch abzurechnen.

Grundsicherungsrechtlich entscheidend dürfte im Fall einer vereinbarten Inklusivmiete sein, ob die einzelnen Mietbestandteile im Mietvertrag (pauschal) beziffert worden sind. Ist im Mietvertrag etwa geregelt, dass sich eine Inklusivmiete von 300 € aus 200 € Grundmiete, 30 € Betriebskostenpauschale, 30 € Heizkostenpauschale, 20 € Stromkostenpauschale und 20 € pauschaler Telefonkostenbeteiligung zusammensetzt, sind vom Jobcenter nur 230 € für die Unterkunft sowie 30 € Heizkostenpauschale anzuerkennen. Wird eine Differenzierung im Mietvertrag demgegenüber nicht vorgenommen, also schlicht eine Inklusivmiete von 300 € vereinbart, ist nach der Rechtsprechung des BSG die gesamte Miete zu übernehmen.

Zum Nachweis der Miete genügt die Vorlage des abgeschlossenen Mietvertrages, zum Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Leistungen für die Unterkunft kann die Vorlage von Zahlungsbelegen (etwa Kontoauszüge) verlangt werden. Die Vorlage etwaiger „Mietbescheinigungen“ auf amtlichen Formularen ist nicht Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von unterkunftsbezogenen Leistungen, da diese zum Nachweis der vereinbarten Miete nicht erforderlich sind (vgl. dazu auch ULD, ALG II, S. 18). Insbesondere kann das Jobcenter von den Vertragsparteien nicht verlangen, einen abgeschlossenen Inklusivmietvertrag (nachträglich) zu spezifizieren. In einem derartigen Verlangen des Grundsicherungsträgers läge ein unzulässiger Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Vertragsautonomie der Mietvertragsparteien.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt