Wo bleibt der Kieler Mietspiegel 2016?
Veröffentlicht: 6. März 2017 Abgelegt unter: Kosten der Unterkunft, Mietobergrenzen, Mietrecht 4 Kommentare
Sybille Kambeck / janefire.de
Der neue Mietspiegel für Kiel lässt auf sich warten. Grund hierfür sind die schwachen Rückmeldungen durch die angeschriebenen Mieterhaushalte sowie der Umstand, dass der neue Mietspiegel 2016 erstmals nach dem sog. Regressionsmodell erstellt werden soll. Das hat Folgen für das Miet- und Sozialrecht.
Eine Indexfortschreibung der Werte des Kieler Mietspiegels 2014 nach § 558 d Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht möglich, da der Mietspiegel 2014 bereits auf den fortgeschriebenen Werten des Mietspiegels 2012 beruht. Bei Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mietern um Mieterhöhungen dürfte der Kieler Mietspiegel als sog. „einfacher Mietspiegel“ heranzuziehen sein. Für die Spanneneinordnung ist gegebenenfalls ein (teures) Gerichtsgutachten erforderlich.
Für das Sozialrecht wirft sich die Frage auf, ob die aktuellen Kieler Mietobergrenzen, die aus den Werten des Kieler Mietspiegels 2014 errechnet worden sind, seit 01.12.2016 noch auf einem sog. „schlüssigen Konzept“ im Sinne der Rechtsprechung des BSG beruhen. Betroffene, die aktuell eine Mietsenkungsaufforderung erhalten oder deren Miete in 2017 bereits auf die Mietobergrenze 2014 abgesenkt werden soll, ist zu raten, jedenfalls bei geringfügigen Überschreitungen der Mietobergrenze (bei Bestandsmieten: zuzüglich 10%-Toleranz) Widerspruch gegen die entsprechenden Bewilligungsbescheide zu erheben.
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt
Hallo Helge (Hildebrandt),
ich habe eine Verständnisfrage hierzu, am Besten verstehe ich einen Sachverhalt, wenn konkrete Zahlen genannt werden.
Ich habe eine Frage zu Bestandsmieten (auf Neuvermietungen möchte ich nicht eingehen).
Wenn jetzt ab 01.12.2016 in Kiel bei 1 Person (bei mehreren Personen entsprechend mehr) nur 342,50 € plus 10 % Toleranz 34,25 € = 376,75 €, immer zuzüglich Heizkosten, gezahlt werden, die Wohnung aber teurer ist, empfiehlst du Widerspruch einzulegen, damit das Amt mehr zahlen muss, oder?
Viele Grüße an alle Leserinnen
Björn Nickels
Zunächst habe ich mit meinem Beitrag bezweckt, darauf hinzuweisen, dass die – sicher vermeidbar gewesenen – Verzögerungen bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels für die Landeshauptstadt Kiel rechtliche Konsequenzen haben können, die weder im Interesse der Stadt Kiel als (neben dem Bund) Kostenträger der Leistungen für die Unterkunft für Grundsicherungsempfänger noch im Interesse der Kieler Bürger, die Mieter sind, liegen (denn viele Vermieter nutzen gerade die Gunst der Stunde und berufen sich in Mieterhöhungsverlangen auf von ihnen benannte Vergleichsmieten etc.). Für eine sozialdemokratisch dominierte Stadtverwaltung ist die Situation daher ausgesprochen misslich (oder sollte es jedenfalls sein, man weiß das ja heutzutage nicht mehr so genau).
Welche Mietobergrenzen derzeit gelten (die alten MOG, die alten MOG zuzüglich Zuschlag – etwa in Höhe der Steigerung des Lebenshaltungsindexes analog § 558 d Abs. 2 Satz 2 BGB, in Höhe der Steigerungen der Mieten in Bestandsmietverhältnissen und neuen Mietverhältnissen der letzten Jahre oder in Höhe der Werte nach der Tabelle zu § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 %?), kann ich nicht sagen. Rechtsprechung zu dieser Frage dürfte (noch) nicht vorliegen.
Wenn diejenigen, die zu ihrer Miete hinzu zahlen, Widerspruch einlegen, kann das für die Betroffenen nicht falsch sein. In der Vergangenheit hat das Jobcenter Kiel zwar stets ab Geltung des jeweils neuen Kieler Mietspiegels (und damit neuer MOG) nachgezahlt. Fraglich erscheint mir aber in der aktuellen – so bisher seit Erstellung des Kieler Mietspiegels wohl nicht da gewesenen – Situation, ab wann der neue Kieler Mietspiegel (2016 oder 2017?) und damit auch die neuen MOG Gültigkeit erlangen werden. Erfolgt keine rückwirkende Inkraftsetzung ab 01.12.2016 (sondern etwa ab 01.06.2017), stellt sich die Frage, in welcher Höhe Leistungsberechtigte nach dem SGB II und SGB XII in der Zeit vom 01.12.2016 bis 31.05.2017 Anspruch auf die Unterkunft sichernde Leistungen gehabt haben.
Nachtrag:
Im Freundes- und Bekanntenkreis kam die Frage auf, bei wem denn Widerspruch eingelegt werden muss, m. E. natürlich beim Amt, wenn dies zu wenig zahlt, nicht beim Vermieter wg. des fehlenden Mietspiegels 2016.
Erbitte Aufklärung.
Klar beim Grundsicherungsträger, der ja die Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB II bzw. § 35 SGB XII erbringt. Wünschen würde ich mir, dass viel mehr Mieter im Leistungsbezug aber auch mal die Mieterhöhungsverlangen ihrer Vermieter prüfen (lassen) würden. Bei viel zu vielen Mietern im Leistungsbezug herrscht immer noch die Vorstellung vor, ihr Vermieter könne einseitig die Miete erhöhen, und stimmen deswegen jeder Mieterhöhung entweder blind zu oder rennen damit zum „Amt“. Das Eine ist so falsch wie das Andere.