Hartz IV: Doppelmieten können Unterkunftskosten sein

(c) Gerd Altmann / pixelio.de

In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass Jobcenter bei einem Umzug anfallende doppelte Mietaufwendungen übernehmen müssen. Solche Überschneidungskosten können etwa entstehen, wenn ein Umzug – etwa zur Senkung der Unterkunftskosten – erforderlich ist, die neue Wohnung in zwei Monaten angemietet werden muss, für die bisherige Wohnung aber die gesetzliche Kündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten ist. Höchstrichterlich noch nicht geklärt war, ob es sich bei derartigen Doppelmieten um Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II oder um Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 SGB II handelt. Diese Frage ist deswegen von Relevanz, weil Umzugskosten nur nach vorheriger Zusicherung durch das bis zum Umzug zuständige Jobcenter anerkannt werden können, also ein Antrag auf Zusicherung beim zuständigen Jobcenter gestellt werden muss, bevor die Kosten – in der Regel durch Vertragsschluss – ausgelöst werden. Zudem kann die Qualifizierung als Unterkunftskosten bzw. Umzugskosten unterschiedliche Zuständigkeiten zur Folge haben: So ist für die Kosten der neuen Unterkunft an einen anderen Ort das Jobcenter zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich die neue Wohnung gelegen ist, während für Umzugskosten das Jobcenter am bisherigen Wohnort zuständig ist.

Das Bundessozialgericht hat nun entschieden, dass Doppelmieten als Unterkunftskosten angesehen werden können. Denn die Regelungen nach § 22 Abs. 1 und Abs. 6 SGB II stünden nicht in einem „Entweder-Oder-Verhältnis“. Dies dürfte so zu verstehen sein, dass Doppelmieten sowohl als Mietkosten als auch als Umzugskosten geltend gemacht werden können. Für Betroffene bedeutet dieses Urteil, dass doppelte Mietaufwendungen für eine neue Wohnung auch beantragt werden können, wenn zu deren Übernahme nicht vor Abschluss des neuen Mietvertrages die Zusicherung beantragt worden ist.

BSG, Urteil vom 30.10.2019, B 14 AS 2/19 R

Erstveröffentlichung in HEMPELS 12/2019

Nachtrag: Aus der zwischenzeitlich vorliegenden Urteilsbegründung ergibt sich, dass eine Übernahme doppelter Mietaufwendung als Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur in Betracht kommt, wenn beide Unterkünfte tatsächlich genutzt werden. Das ist etwa der Fall, wenn die alte Wohnung noch bewohnt und die neue Wohnung vor einem Einzug noch renoviert werden muss. Die Übernahme der vertraglich noch geschuldeten Mietkosten einer nicht mehr oder noch nicht genutzten Wohnung kommt nach vorheriger Zusicherung bzw. vorherigem Antrag auf Zusicherungserteilung und rechtswidriger Ablehnung der Zusicherung nur als Umzugskosten nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II in Betracht.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt



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