Mietobergrenzen: Stadt Neumünster ohne „schlüssiges Konzept“
Veröffentlicht: 16. November 2020 Abgelegt unter: Jobcenter Neumünster, Kosten der Unterkunft, Mietobergrenzen 2 KommentareIn Sachen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Stadt Neumünster weist mein Kollege Herr Rechtsanwalt Bernd Petersen, Neumünster, darauf hin, dass das Sozialgericht Kiel im Rahmen eines Erörterungstermins am 20.10.2020 zum Aktenzeichen S 42 AS 203/16 davon ausgegangen ist, dass die Stadt Neumünster – und damit auch das Jobcenter Neumünster – ab dem 01.01.2017 über kein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen im Sinne der Rechtsprechung des BSG verfügt.
Wörtlich heißt es im Verhandlungsprotokoll:
„Nach Verwerfung der Satzung aus 2015 durch das LSG Schleswig-Holstein hat der Beklagte in seiner Richtlinie die vom LSG erachtete, rechtswidrige Größe der Quadratmeterzahlen entsprechend neu umgesetzt und ebenfalls auch die ab dem 01. Januar 2015 anstehende Anpassung der Mietpreise. Ab dem 01. Januar 2017 sieht die Kammer jedoch nicht, dass der Beklagte über ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG verfügt. Schon nach den eigenen Richtlinien bzw. den eigentlichen Vorgaben hätte ab dem 01. Januar 2017 eine Mietpreisanpassung stattfinden müssen. Es wäre hier ohnehin fraglich, ob der Beklagte nicht eine Neuerhebung ab dem 01. Januar 2017 hätte durchführen müssen. Das BSG weist in seinem Urteil vom 12. Dezember 2017, Az. B 4 AS 33/16 R, darauf hin, dass ein schlüssiges Konzept für angemessene Kosten der Unterkunft eine regelmäßige Überprüfung nach Ablauf einer Zwei-Jahres-Frist vorsieht und dass dieses fortzuschreiben ist. Das BSG nimmt hierbei auch Bezug auf die Regelung des §558 d Abs. 2 BGB, der nämlich für qualifizierte Mietspiegel eine Neuerstellung nach vier Jahren vorsieht. Die Kammer kann keinen Grund erkennen, warum diese Neuerstellung nicht dann auch für Jobcenter gelten sollte, die ihre Mietobergrenzen im Rahmen von Richtlinien oder Satzungen ohne Kopplung an einen qualifizierten Mietspiegel festlegen, so dass nach Auffassung der Kammer hier nur eine einzige Fortschreibungsmöglichkeit nach zwei Jahren besteht. Für diese Sichtweise spricht auch die Forderung des BSG, dass durch das schlüssige Konzept immer die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes zeit- und realitätsgerecht erfasst werden sollten. Entsprechend sieht es auch das Hessische LSG, Beschluss vom 11.03.2020, Az. L 6 AS 605/19 B ER, wonach eine Fortschreibungsmöglichkeit nur einmalig besteht.“
In der Sache selbst und in Folgesachen wurde ein Vergleich geschlossen.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sozialgerichts Kiel sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG damit in Neumünster für die Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten ab dem 01.01.2017 bis auf weiteres die Tabellenwerte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitsaufschlages von 10 % maßgeblich.
Auch wenn ich als Kieler kein Neumünsteraner bin, „ploppen“ bei mir sofort folgende Fragen auf:
–
Was ist mit den NeumünsteranerInnen, die nicht Rechtsmittel eingelegt haben, bekommen diese
automatisch eine Nachzahlung ab 01.01.2017
(2017) ?
–
Oder nur diejenigen, die bereits vorher für obiges Datum Rechtsmittel eingelegt haben ?
–
Andere Leistungsberechtigte können dann ggf. einen Überprüfungsantrag, rückwirkend ab
01.01.2019 (2019) stellen, oder ?
Zitat von obigem Artikel:
„In der Sache selbst und in Folgesachen wurde ein Vergleich geschlossen“
Zitatende!
Da steht jetzt das Wort „Vergleich“, was bedeutet dies für Leistungsberechtigte aus
Neumünster, die bis jetzt noch keine Rechtsmittel eingelegt haben? Müßten sich
Fragen über Fragen …
Nachzahlung ohne bisher Rechtsmittel eingelegt zu haben nur ab 01.01.2019, wenn noch Überprüfungsantrag, § 44 SGB X, in diesem Jahr.