Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht: Zweifel an den Mietobergrenzen für Hartz IV Bezieher in der Stadt Neumünster

Wappen NeumünsterIn einem aktuellen Beschluss vom 14.07.2015 hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht Zweifel an der Festlegung der für Bezieher von ALG II und Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII maximal als angemessen anerkannten Wohnflächenzahlen der Stadt Neumünster geäußert.

Die Stadt Neumünster hat in ihrer kommunalen Unterkunftssatzung nach §§ 22a ff. SGB II in Abweichung von den Förderungsgrenzen im sozialen Wohnungsbau für alle Bedarfsgemeinschaftsgrößen eine um 5 Quadratmeter reduzierte Wohnungsgröße für abstrakt angemessen erklärt. So werden etwa für einen Einpersonenhaushalt anstatt 50 nur 45 Quadratmeter und für einen Zweipersonenhaushalt anstatt 60 nur 55 Quadratmeter anerkannt und aus diesen Flächenzahlen die maximal anzuerkennenden Mietobergrenzen errechnet.

Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht hat nun Zweifel daran geäußert, ob diese Festlegungen der Stadt Neumünster auf einem schlüssigen und nachvollziehbaren Berechnungskonzept beruhen. Die Stadt Neumünster habe nämlich zwar die Häufigkeit von Wohnungsgrößen im Stadtgebiet nach Quadratmetern genau erfasst. Sie habe diese Zahlen aber nicht in eine sachliche Beziehung zu der durchschnittlichen Belegung der verschiedenen Wohnungsgrößen gesetzt. Im Verfahren zur Erstellung des Satzungskonzeptes habe es offenbar Vorüberlegungen gegeben, die Abweichung von den Fördergrenzen im öffentlich geförderten Sozialen Wohnungsbau mit der überdurchschnittlich hohen Zahl kleinerer Wohnungen in Neumünster zu rechtfertigen. Dieser Ansatz finde aber im Satzungskonzept keine Erwähnung mehr. Dies – so vermutet das Gericht – könne ein Zeichen dafür sein, dass dieser Ansatz sich nicht tragfähig begründen ließ.

Im Ergebnis wurde das Jobcenter Neumünster einstweilen verpflichtet, der Beschwerdeführerin für ihren Zweipersonenhaushalt Leistungen für die Unterkunft für eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 60 anstatt 55 Quadratmetern und damit 364,80 € brutto-kalt zu bewilligen.

Bevollmächtigter in diesem Verfahren war Herr Rechtsanwalt Bernd Petersen aus Neumünster.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.07.2015, L 6 AS 41/15 B ER


3 Kommentare on “Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht: Zweifel an den Mietobergrenzen für Hartz IV Bezieher in der Stadt Neumünster”

  1. Björn Nickels sagt:

    Was heißt das denn jetzt für die Leistungsberechtigten?


    Müssen diese jetzt (notfalls mit Rechtsanwalt / Rechtsanwältin) ihren aktuellen Bewilligungsbescheid per Widerspruch/Klage gerichtlich „angreifen“? (Es handelt sich
    ja erst einmal „nur“ um einen Beschluss des LSG Schleswig)


    Sind die Beträge so hoch, dass zusätzlich die Einleitung eines Eilrechtsschutz-Verfahrens (ER-Verfahren) gegeben sind?


    Macht es Sinn, dass Berechtigte rückwirkend einen Überprüfungsantrag ab 01.01.2014
    (2014) stellen?

    Fragen über Fragen …

    Was ist das bloß für ein „Gewurschtel“ mit den Hartz IV – Gesetzen!

    • Wichtiger Beschluss, der für alle Zuzahler in Neumünster von Bedeutung ist, denn einiges deutet darauf hin, dass die Trickserei mit den Wohnflächenzahlen (auch Kiel hatte so etwas mal vor) vor Gericht keinen Bestand haben wird. Zuzahler sollten Widerspruch einlegen bzw. Ihre Bescheide ab 01.01.2014 (Satzung gilt ab 01.12.2013) überprüfen lassen. Verfahren könnten ruhend gestellt werden, bis das SH LSG abschließend entschieden hat.


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