PKV-Versicherte mit Beitragsschulden: Jetzt Antrag auf Niederschlagung der Beitragsrückstände stellen!
Veröffentlicht: 29. März 2012 Abgelegt unter: Krankenversicherung | Tags: Erlass Beitragsrückstände PKV, Hartz IV PKV-Versichert, Hartz IV und privat krankenversichert, Schuldenerlass für Hartz IV Empfänger private Krankenversicherung, Schuldenerlass für Hartz-IV-Empfänger, Verfahrensinformationen der BA Schulden PKV Hinterlasse einen KommentarWeil in der Vergangenheit von der Mehrzahl der Jobcenter aufgrund einer entsprechenden Weisungslage der Bundesagentur für Arbeit (BA) die tatsächlichen Kosten einer privaten Krankenversicherung nur in Höhe des Mindestbeitrages in der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt wurden, sind bei vielen privat Krankenversicherten erhebliche Beitragsrückstände entstanden. Dieser Verwaltungspraxis hat erst das Bundessozialgericht mit seiner Entscheidung vom 18.01.2011 einen Riegel vorgeschoben (BSG, Urteil vom 18.1.2011, B 4 AS 108/10 R)
Neue Verfahrensinformationen der BA
Nun gibt es eine neue Verfahrensinformation der BA zum Umgang mit Altschulden in der privaten Krankenversicherung durch Beitragsrückstände. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hat der Verband der privaten Krankenversicherungen e.V. mitgeteilt, dass die privaten Versicherungsunternehmen grundsätzlich bereit sind, auf die durch die Begrenzung des Zuschusses nach § 26 SGB II entstandenen Beitragsschulden von Leistungsberechtigten nach dem SGB II zu verzichten. Privat krankenversicherte Beitragsschuldner sollten daher schriftlich ihr Versicherungsunternehmen um einen Verzicht auf die Beitragsforderungen ersuchen. Diesem (formlosen) Antrag sollte ein durch das Jobcenter erstellter Nachweis über den Leistungsbezug in dem betreffenden Zeitraum beigefügt werden. Weitere Informationen finden sich hier:
Dank an Harald Thomé für den Hinweis in seinem aktuellen Newsletter.
Weitere Infos zum Thema private Krankenversicherung auf dieser Seite:
Zur Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung bei ALG II Bezug!
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Rechtsanwalt Helge Hildebrandt
Zur Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung bei ALG II Bezug!
Veröffentlicht: 25. Januar 2012 Abgelegt unter: Krankenversicherung | Tags: ALG II Selbständige private Krankenversicherung, ALG II und privat krankenversichert, Hartz IV Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung, Hartz IV Selbständige private Krankenversicherung, Hartz IV und privat krankenversichert 8 KommentarePrivat Krankenversicherte können sich nur unter bestimmten Bedingungen (wieder) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichern. Da über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Versicherung Privatversicherter insbesondere auch bei den Mitarbeitern der Jobcenter nach hiesigen Erfahrungen praktisch vollständige Unkenntnis herrscht, sollen diese an dieser Stelle einmal dargestellt werden. Dabei werden nur die Voraussetzungen erörtert, die bei privat versicherten Beziehern von ALG II von praktischer Relevanz sind.
Pflichtversicherung und freiwillige Versicherung in der GKV
Zu unterscheiden ist zunächst zwischen Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten. Der Kreis der Pflichtversicherten wird in § 5 SGB V bestimmt (1). Darüber hinaus bietet die GKV auch die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung an. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür finden sich in § 9 SGB V (2).
(1) Pflichtversicherung in der GKV
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V sind Personen in der GKV pflichtversichert, wenn sie ALG II beziehen. Ausnahmen gelten für den Fall der Familienmitversicherung oder der nur darlehensweisen Gewährung von ALG II (z.B. nach § 27 Abs. 4 SGB II), für den Fall der rückwirkenden Aufhebung der Gewährung von ALG II oder soweit nur Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden.
(a) In der Regel keine Versicherungspflicht bisher Privatversicherter
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 5a SGB V ist indessen auch im ALG II-Bezug nicht versicherungspflichtig, wer unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in § 5 Abs. 5 SGB V oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB II versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit.
Eine Pflichtversicherung in der GKV besteht mithin seit 01.01.2009 für diejenigen Bezieher von Alg II nicht mehr, die vor dem Bezug von ALG II
- privat krankenversichert oder gar nicht versichert waren und
- hauptberuflich selbständig erwerbstätig waren oder
- versicherungsfrei waren (vgl. § 6 Abs. 1 und SGB V) oder – bei einer Ausübung des Berufs im Inland – gewesen wären.
(b) Pflichtversicherung bei Aufnahme sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit
Eine Möglichkeit zur (Wieder-) Versicherung in der GKV für Privatversicherte besteht auch bei ALG II-Bezug aber durch Eintritt in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitnehmerverhältnis (über 400 €), bei dem das Gehalt unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) von 50.850 € = 4.237,50 € brutto im Monat (Stand 2012) liegt. In diesem Fall besteht wieder Versicherungspflicht in der GKV nach § 5 Abs. 1 SGB V.
(c) Einschränkung bei über 55jährigen
Allerdings ist durch die Gesundheitsreform 2007 (Regelungen seit 01.04.2007 in Kraft) die Rückkehr in die GKV für Personen, die das 55. Lebensjahres vollendet haben, deutlich erschwert worden. Auch bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im ALG II-Bezug bleiben über 55jährige „versicherungsfrei“ (d.h. eine Versicherung in der GKV ist nicht möglich), wenn diese:
- in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren und
- mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei waren (z.B. als Arbeitnehmer über Verdienstgrenze oder Beamter) oder
- von der Versicherungspflicht befreit oder
- als hauptberuflich Selbständige nicht versicherungspflichtig waren.
Eine – praktisch wenig relevante – Ausnahme gilt allerdings nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V für Personen,
- welche die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben,
- wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 90 % der zweiten Hälfte diese Zeitraums (also ihrer Lebensarbeitszeit) Mitglied in der GKV oder familienmitversichert waren.
Weitere Ausnahmen für gut verdienende Privatversicherte (Reduzierung der Arbeitszeit/des Verdienstes 12 Monate vor Ruhestand, so dass sie unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze fallen, Bezug von ALG I vor der Rente) können hier außer Betracht bleiben, da in diesen Fällen die Voraussetzungen für einen ALG II Bezug nicht vorliegen.
(2) Freiwillige Versicherung in der GKV
Eine freiwillige Versicherung in der GKV ist für Privatversicherte im ALG II-Bezug nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nur möglich, wenn die Vorversicherungszeiten erfüllt sind, d.h. diese
- in den letzten 5 Jahren vor dem Ausscheiden aus der GKV mindestens 24 Monate oder
- unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der GKV ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert waren, wobei
- Versicherungszeiten während des Bezuges einer gesetzlichen Altersrente oder zu Unrecht bezogenem ALG II nicht mitzählen.
Der Beitritt zur freiwilligen Versicherung in der GKV ist der GKV in diesem Fall innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung der Pflichtmitgliedschaft in der GKV anzuzeigen. Danach ist eine freiwillige Versicherung in der GKV ausgeschlossen (Ausschlussfrist). Aufgrund dieser Voraussetzung scheidet eine freiwillige Versicherung Privatversicherter in den meisten Fällen aus.
(3) Familienmitversicherung
Familienangehörige von in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Pflicht- oder freiwilligen Mitgliedern können sich darüber hinaus unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei mitversichern lassen (sog. Familienversicherung oder beitragsfreie Familienmitversicherung).
Zu den Familienangehörigen zählen der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner und die Kinder. Ein angenommenes Kind ist gemäß § 1754 BGB rechtlich „Kind“ des Annehmenden. Gleichgestellt sind den leiblichen Kindern Stiefkinder und Enkel, wenn sie mit dem Mitglied in einem gemeinsamen Haushalt leben und deren Lebensunterhalt überwiegend vom Mitglied bestritten wird. Familienmitversichert sind darüber hinaus auch die Kinder von familienmitversicherten Kindern. Denkbar ist eine solche Konstellation etwa, wenn das Kind eines Mitglieds in der GKV aufgrund einer Ausbildung bzw. eines Studiums selbst familienmitversichert ist und seinerseits schon ein Kind hat.
Die Voraussetzungen für die beitragsfreie Familienmitversicherung in der GKV ergeben sich für die Krankenversicherung aus § 10 SGB V und für die Pflegeversicherung aus § 25 SGB XI.
Seit 01.01.2016 ist die Möglichkeit einer Familienmitversicherung für ALG II-Empfänger entfallen, siehe den Beitrag „Hartz IV: Ab 01.01.2016 entfällt die Familienversicherung„.
Weiterführende Links:
http://krankenversicherungen.net/gesetzliche-private-krankenversicherung
http://www.ifb-hessen.de/fileadmin/ifb/doc/publikationen/gruendungsinfos/10_krankenversicherung.pdf
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt