Auf der Suche nach den durchschnittlichen Kieler Betriebskosten

Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Bestimmung der maximal angemessenen Betriebskosten entgegen der bisherigen Rechtsprechung der schleswig-holsteinischen Sozialgerichte keine Gewichtung vorzunehmen, sondern für die in die Berech­nung der Mietobergrenze einfließenden Betriebskosten auf die Addition der Durchschnitts­werte für alle Posten abzustellen, die auch in der Betriebskostenverordnung genannt wer­den. Diese Werte für die einzelnen Betriebskostenarten können dabei den Übersichten in qualifizierten Mietspiegeln nach § 558 d BGB oder – soweit Mietspiegel nicht vorhanden sind – auch den Übersich­ten der örtlichen Interessenverbände entnommen werden (so jetzt auch die 34. Kammer am SG Kiel).

Die durchschnittlichen Betriebskosten je Betriebskostenart finden sich auf Seite 6 des Kieler Mietspiegels 2010 (gültig vom 01.12.2010 bis 31.12.2012) und sind in nachstehender Tabelle wiedergegeben:

Grundsteuer 0,20
Müllabfuhr 0,22
Entwässerung 0,19
Straßen-/ Gehwegreinigung (sofern nicht im Posten Hauswart enthalten) 0,03
Wasserversorgung 0,18
Hausbeleuchtung (bzw. Strom allgemein) 0,05
Sach- und Haftpflichtversicherung 0,14
Hausreinigung (sofern nicht im Posten Hauswart enthalten) 0,13
Gartenpflege (sofern nicht im Posten Hauswart enthalten) 0,10
Schornsteinreinigung (sofern nicht im Posten Heizkosten enthalten) 0,02
Hauswart 0,11
Gemeinschaftsantenne/Kabelanschluss 0,12
Schneebeseitigung (sofern nicht im Posten Hauswart enthalten) 0,03
Wartung der Heizungsanlage 0,03
Wartung der Warmwassergeräte 0,08
Aufzug 0,14
Summe 1,77

Diesen Durchschnittswert von 1,77 €/qm legt etwa auch die 34. Kammer am SG Kiel ihrer Berechnung der Mietobergrenze von 335,00 € (Grundmiete inklusive kalter Betriebskosten) für einen Einpersonenhaushalt zugrunde.

Betriebskosten und Heizkosten: Versuch einer Begriffsklärung

Fraglich ist, ob die Kosten für die Wartung einer Heizungsanlage bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen im Sozialrecht ohne Weiteres den Unterkunftskosten zugeschlagen werden können. Während in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sowie § 35 Abs. 4 SGB XII zwischen Leistungen für die Unterkunft (Grundmiete zuzüglich kalter Betriebskosten) und Heizung unterschieden wird, kennt das Mietrecht nur die Grundmiete und die Betriebskosten, wobei im Mietrecht zu den Betriebskosten auch die Heizkosten sowie die Heiznebenkosten (z.B. die Wartungskosten der Heizungsanlage) gezählt werden (vgl. § 2 Nr. 4 BetrKV). In der Praxis werden die kalten Betriebskosten (außer den Heiznebenkosten) in der Regel in der „Betriebskostenabrechnung“ und die Heiz- und Heiznebenkosten in der „Heizkostenabrechnung“ zusammengefasst (vgl. § 7 Abs. 2 HeizkostenV) und beide Kostenarten unter dem Oberbegriff „Nebenkostenabrechnung“ jährlich abgerechnet.

Praxis der Grundsicherungsträger

Das Jobcenter Kiel sowie die Sozialleistungsträger der Landeshauptstadt Kiel erkennen die kalten Unterkunftskosten (Grundmiete zuzüglich kalter Betriebskosten) bis zur Höhe der sog. Mietobergrenzen an und legen dabei die vereinbarte Grundmiete sowie die Betriebskosten nach den „Betriebskostenabrechnungen“ (also i.d.R. ohne die Heiznebenkosten) zugrunde und erkennen als Heizkosten die Heizkostenabschläge nach den „Heizkostenabrechnungen“ (also i.d.R. die Verbrauchskosten zuzüglich der Heiznebenkosten wie etwa den Wartungskosten für die Heizungsanlage) an.

Folgen für die Berechnung von Mietobergrenzen

Würden die Kosten für die Wartung der Heizungsanlage in die Berechnung der Mietobergrenzen (Leistungen für die Unterkunft) einfließen, würden diese Kosten in Fällen, in denen nur die Mietobergrenze anerkannt wird, letztlich doppelt berücksichtigt werden, nämlich einmal bei den (angemessen) Unterkunftskosten und ein weiteres Mal bei den Heizkosten (als mit abgerechnete Heiznebenkosten in der Heizkostenabrechnung). Aus diesem Grunde sind die Kosten der Wartung einer Heizungsanlage bei der Bestimmung der durchschnittlichen Betriebskosten im Rahmen der Berechnung der Mietobergrenzen nicht zu berücksichtigen. Aufgrund der geringen Kosten von nur 0,03 €/qm wirkt sich dies indes kaum aus. Anstatt 1,77 €/qm sind 1,74 €/qm zu berücksichtigen. Bei einem Einpersonenhaushalt führt dies auf der Berechnungsrundlage von 50 qm gegenüber der bisherigen Berechnung der 34. Kammer am SG Kiel zu einer Mietobergrenze von 333,50 € (anstatt 335,00 €), also zu einer Differenz von 1,50 €.

Kosten der Wartung von Warmwassergeräten

Die Kosten für die Wartung von Warmwassergeräten (Boiler, Durchlauferhitzer) kann nach § 2 Nr. 5 c) BetrKV auf den Mieter abgewälzt werden. Soweit dies mietvertraglich geschehen ist, werden diese Kosten vom Vermieter als (kalte) Betriebskosten regelmäßig in der „Betriebskostenabrechnung“ und nicht in der „Heizkostenabrechnung“ abgerechnet und sind daher bei der Berechnung maximal angemessener Betriebskosten im Rahmen der Berechnung der Mietobergrenzen (maximal angemessenen Grundmiete zuzüglich maximal angemessene Betriebskosten) zu berücksichtigen.

Erklärendes zur Betriebskostentabelle des Kieler Mietervereins

Einige Verwirrung hat hier und in einer Gerichtsverhandlung jüngst die Betriebskostenaufstellung des Kieler Mietervereins gestiftet. Zu der Tabelle des Kieler Mietervereins ist anzumerken, dass es sich hierbei nicht um Werte aus eigenen Erhebungen des Kieler Mietervereins handelt, sondern um die Werte aus den jeweiligen amtlichen Kieler Mietspiegeln. Die Tabelle unterscheidet sich von der Tabelle in den Mietspiegeln lediglich in zwei Punkten, (1) der abweichenden Reihenfolge der aufgeführten einzelnen Betriebskostenarten sowie (2) in dem Fehlen der Zeilen „Wartung der Heizungsanlage“ und „Wartung der Warmwassergeräte“. Grund für Letzteres ist, dass nach Auffassung des Kieler Mietervereins diese Kostenpositionen nicht den Betriebskosten, sondern den Heizkosten zuzuordnen sind. Dem kann jedenfalls für die Kosten der „Wartung der Warmwassergeräte“ aufgrund des zuvor Gesagten nicht beigetreten werden.

Weiterführende Infos:

Ergänzende Regelungen zur Arbeitshilfe „Kosten der Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II“ des MAIS NRW

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


2 Kommentare on “Auf der Suche nach den durchschnittlichen Kieler Betriebskosten”

  1. Zimtplätzchen sagt:

    Sehr geehrter Herr Hildebrandt,

    ich habe die Hartz IV-Weiterbewilligung vom 1.1. – 30.06.13 am 24.11.12 erhalten. Dort wurde jedoch noch die Grundmiete von 308,50 Euro zugrundegelegt. Muss ich jetzt einen Widerspruch einlegen, oder wird die neue Grundmiete ab dem 1.1.13 dann automatisch erhöht? Ist das jetzt naiv gedacht, kann man eigentlich überhaupt erwarten, dass das vom Jobcenter automatisch angepasst wird?

    Vielen Dank für Ihre Antwort!

    Gespannte Grüße

    Das Zimtplätzchen

    • Losgelöst von Ihrem Einzelfall: Niemand muss gegen Bewilligungsbescheide für den Zeitraum ab Januar 2013 Widerspruch erheben, die Anpassung erfolgt nach Auskunft der Stadt automatisch „im Rahmen der laufenden Bearbeitung“. Sollte eine Anpassung im Einzelfall wider Erwarten einmal nicht von amtswegen erfolgen, dürfte es genügen, das Jobcenter mit einfachem Schreiben an die Anpassung zu erinnern. Rechtsschutzeinbußen sind nicht zu befürchten, denn Betroffene können den Zeitraum ab 01.01.2013 notfalls noch bis zum 31.12.2014 (!) nach § 44 SGB II überprüfen lassen. Anerkannt wird ab 1.1.2013 aber nur die von der Stadt errechnete Mietobergrenze von 316,00 € (Einpersonenhaushalt), nicht die Mietobergrenze von 345,50 €, welche die 34. Kammer am SG Kiel anerkennt.


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