Amtsgericht Kiel: Erneut rechtswidriger Verweis an das Büro der Bürgerbeauftragen

Amtsgericht Kiel (Photo: Helge Hildebrandt)

Amtsgericht Kiel (Photo: Helge Hildebrandt)

Wie in diesem Blog berichtet, häuften sich bereits im Jahre 2009 bei dem Büro der Bürgerbeauftragten und in der Anwaltschaft die Hinweise, dass RechtspflegerInnen am Amtsgericht Kiel Rechtsuchenden die Gewährung von Beratungshilfe unter Hinweis auf die angeblich vorrangige Inanspruchnahme der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein verweigern. Das Büro der Bürgerbeauftragen war seinerzeit an das Amtsgericht Kiel mit seinem Schreiben vom 04.09.2009 herangetreten. Auf dieses Schreiben hat das Büro der Bürgerbeauftragten – wie es mir gegenüber einmal mit Recht kritisch angemerkt hat – nie eine Antwort erhalten.

Offenbar versucht das Amtsgericht Kiel 7 Jahre später erneut, Rechtsuchenden ihr verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht auf Rechtswahrnehmungsgleicheit vorzuenthalten, indem es Rechtsuchende neuerlich an das Büro der Bürgerbeauftragen verweist – und dies selbst dann, wenn die Rechtsuchenden bereits einen Rechtsanwalt aufgesucht hatten. Zu dieser rechtswidrigen Gerichtspraxis hat das Büro der Bürgerbeauftragten mit Schreiben vom 25.02.2016 nun erneut in der gebotenen Deutlichkeit Stellung genommen:

„Ich danke Ihnen zunächst für den Hinweis, dass das Amtsgericht Kiel die Gewährung von Beratungshilfe von einer vorrangigen Inanspruchnahme der Bürgerbeauftragten abhängig macht. Zuletzt wurde diese Problematik im Jahr 2009 an uns herangetragen.

Grundsätzlich begrüße ich es, wenn die Einrichtung der Bürgerbeauftragten von anderen Institutionen empfohlen wird, um kompetente Hilfe, Beratung und Unterstützung zu erhalten. Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass die Bürgerinnen und Bürger eine Petition beim Schleswig-Holsteinischen Landtag führen (vgl. §§ 2 und 3 BÜG), wenn sie sich an die Bürgerbeauftragte wenden. Das in der Verfassung verankerte Petitionsrecht beruht ausnahmslos auf Freiwilligkeit. M. E. kann daher das Führen einer Petition keine Voraussetzung für die Gewährung von Beratungshilfe sein.

Ich möchte hier auch auf das Wahlrecht der Petenten hinweisen. Übersenden Petenten ihre Petition in einer sozialen Angelegenheit an den Petitionsausschuss des Landtages, leitet dieser die Petitionen nur mit dem Einverständnis der Petenten an die Bürgerbeauftragte weiter. Die Petenten haben somit das Recht, eine Bearbeitung ihrer Petition durch den Petitionsausschuss zu verlangen. Es wäre ein seltsames Ergebnis, wenn die Petenten nun bei einer geplanten Inanspruchnahme von Beratungshilfe gezwungen wären, zunächst eine Petition bei der Bürgerbeauftragten zu führen.

Abschließend möchte ich anmerken, dass Petenten die bereits einen Anwalt aufgesucht haben, nur dann von der Bürgerbeauftragten unterstützt werden dürfen, wenn der Anwalt zustimmt (vgl. § 3 Abs. 3 BüG). Wird also ein Petent vom Amtsgericht zur Bürgerbeauftragten geschickt und berichtet, dass er bereits einen Anwalt aufgesucht hat, werden wir in der Sache unmittelbar nicht tätig, sondern nehmen Kontakt zum Anwalt auf. Dieser kann dann eine Hilfe durch die Bürgerbeauftragte ablehnen und der Verweis des Amtsgerichtes auf die angeblich vorrangige Hilfe der Bürgerbeauftragten gebt ins Leere. Dieser wenig hilfreiche ‚Kreisverkehr‘ sollte unbedingt vermieden werden.

Ich hoffe, dass Sie beim Gericht erreichen können, dass derartige Verweise in Zukunft unterbleiben.“

Es bleibt zu hoffen, dass auch die betreffenden RechtspflegerInnen am Amtsgericht Kiel zu einer rechtmäßigen Bewilligungspraxis zurückfinden.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


3 Kommentare on “Amtsgericht Kiel: Erneut rechtswidriger Verweis an das Büro der Bürgerbeauftragen”

  1. Bernd Petersen sagt:

    Von dieser Hoffnung bin ich in Neumünster weit entfernt. Auf Entscheidungen über Erinnerungen warte ich schon über 8 Monate.

    • dddddd sagt:

      Ich hätte mich nie Probleme einen Beratungsschein zu bekommen.
      Ich Gegenteil die Rechtspfleger/innen am Amtsgericht Kiel sind sehr freundlich und hilfsbereit.
      Hat da jemand seinen Beratungsschein nicht bekommen?
      Die Masse macht’s!
      Das Ergebnis allerdings auch.

    • Tja, auch am AG Kiel ist die Entwicklung betrüblich. Einige Richter-Beschlüsse, die überwiegend aus Textbausteinen bestehen und und auch im „frei gestalteten Teil“ ein erschreckend niedriges Niveau aufweisen, sind im Grunde das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden. Ein verblüffender Niedergang der Rechtspflege. Anwälte können Beratungshilfemandate in Kiel im Grunde nur noch gegen Vorlage eines Berechtigungsscheins annehmen. Viele Anwälte tun es gar nicht mehr und warten die rechtsmittelfähigen Bescheide der Behörden ab. Bei einem erfolgreichen Widerspruch sind die Gebühren dann ja erfreulicher Weise auch dreimal so hoch. Aber so soll es dann wohl sein.

      Löbliche Ausnahme übrigens seit einiger Zeit: Das Amtsgericht Eckernförde. Freundliche und kompetente RechtspflegerInnen. Auch die Mandanten berichten durchweg positiv. Es geht also auch anders.


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