Auch die 33. Kammer am SG Kiel bestätigt die neuen Mietobergrenze der Stadt Kiel

(c) GesaD / pixelio.de

Mit Beschluss vom 17.04.2018 zum Aktenzeichen S 33 AS 53/18 ER hat nun auch die 33. Kammer am SG Kiel die neuen Kieler Mietobergrenzen mit einer eigenständigen Begründung bestätigt. Anders als der Beschluss der 31. Kammer am SG Kiel vom 06.04.2018 zum Aktenzeichen S 31 AS 21/18 ER war in diesem Verfahren weder die Frage des individuellen Suchumfeldes noch die Frage stattgehabter und nachgewiesener Suchbemühungen strittig, so dass es allein um die sog. „abstrakte Angemessenheit“ der neuen Kieler Mietobergrenzen ging. Interessant ist folgender Hinweis des Gerichts auf Seite 8:

„Die einbezogenen Daten sind ferner hinreichend valide und repräsentativ, denn auch nach Ausscheidung von 485 Datensätzen verbleiben statistisch ausreichend viele Sätze, die eine genügende Grundlage für die Ermitt­lung der kalten Betriebskosten bilden. Soweit die Antragstellerseite Bedenken hegt, dass der Antragsgegner rund 40% der Daten (von zunächst 1.053 Datensätzen werden schließlich 568 zur Ermittlung herangezogen) vor einer Auswertung aussortiert hat, kann die Kammer dem nicht folgen. Die Kammer führt dies auf ein zutreffendes statistisches Vorgehen zurück, nämlich insbesondere all jene Datensätze nicht der Auswertung zuzuführen, bei denen be­reits Angaben zu einer der wesentlichen Betriebskostenarten fehlen bzw. Angaben sich nicht genau zuordnen lassen oder keine Einzelangaben vorhanden sind (siehe die vom befragten Mieter / Vermieter zu beantwortende, sehr ausdifferenzierte Frage 12 zu den kalten Brutto­kosten auf S. 44 der Dokumentation zum Qualifizierten Mietspiegel 2017). Es ist demnach nicht so, dass in Mietverhältnissen diese Betriebskostenarten gar nicht anfielen, sondern dass es lediglich an genauen / ausdifferenzierten Angaben zu den einzelnen Positionen fehl­te, wobei bereits eine Betriebskostenabrechnung von der Berücksichtigung ausgeschlossen wurde wenn sich nur eine der als wesentlich definierten Betriebskostenpositionen nicht (ein­deutig) aus der Abrechnung ergab. Hatte der Antragsgegner hingegen all jene Datensätze in die Berechnung mit eingestellt, in denen ungenaue oder fehlende Angaben bei den wesentli­chen Betriebskosten vorliegen, wäre dies vielmehr statistisch zu bemängeln und Anlass ge­wesen, an der korrekten Ermittlung der Hohe der angemessenen kalten Betriebskosten zu zweifeln.“

Alles richtig. Niemand hat allerdings behauptet oder könnte auch nur ernsthaft davon ausgehen, dass Grundsteuern/laufende öffentlich Lasten, Angaben zu Wasserversorgung, Entwässerung und Niederschlagswasser oder einen Gesamtbetrag dieser Positionen, Müllbeseitigungskosten, Hausbeleuchtungskosten und Sach- und Haftpflichtversicherungskosten „gar nicht anfielen“. Es verwundert vielmehr gerade, dass sich bei rund 40 % der Datensätze diese „wesentlichen Betriebskostenarten“ nicht eindeutig aus den Abrechnungen ergeben sollen. Das erstaunt um so mehr deswegen, weil ein nicht unerheblicher Teil der Daten im Rahmen von Mieter- und Vermieterbefragungen erhoben worden sind (vgl. S. 19 der Dokumentation). Es sollte angenommen werden dürfen, dass im Rahmen der geführten Interviews von dem extra hierfür geschulten Personal (vgl. S. 17 der Dokumentation) auf eine genaue Zuordnung und Vollständigkeit der Betriebskostenpositionen geachtet worden ist. Auch im Rahmen der Fragebogenerhebung waren Rückfragen von GEWOS jedenfalls dann möglich, wenn Mieter „zu Nachfragezwecken“ (siehe Fragebogen Seite 1 oben auf Seite 40 der Dokumentation) ihre Telefonnummer angegeben haben. Die Bereinigung der Datensätze um 40 % aufgrund fehlender oder ungenauer Angaben zu den „wesentlichen Betriebskostenarten“ bleibt nach alledem schwer nachvollziehbar.

Rechtsanwalt Helge Hildebrandt


2 Kommentare on “Auch die 33. Kammer am SG Kiel bestätigt die neuen Mietobergrenze der Stadt Kiel”

  1. Björn Nickels sagt:

    Auch die 33. Kammer des Sozialgerichtes Kiel nimmt für ihre Beschluss-Entscheidung
    leider § 103 SGG, Satz 2 für sich in Anspruch:

    https://www.gesetze-im-internet.de/sgg/__103.html

    Sozialgerichtsgesetz (SGG)
    § 103
    Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

    Traurig, traurig, dass ein Sozialgericht, welches sogar in Kiel vor Ort, so die Augen vor der Wirklichkeit verschließt.

    So bleibt den vielen vielen Leistungsberechtigten (früher Bedürftige genannt) nichts anderes übrig, als von dem ohnehin niedrigen Hartz IV Regelsatz noch Geld für ihre Wohnungen „abzuknapsen“; also von dem Regelsatz, der nur das biologische Überleben sicherstellt; vom Mindestmaß der sozialen Teilhabe am Gesellschaftsleben ganz zu schweigen …

    Wie das mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vereinbar ist, ist und
    bleibt mir schleierhaft:

    https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html

    Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

    Die Grundrechte
    Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
    Art 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

    Art 20
    (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    • Betroffenen bleibt nichts anderes übrig, als nachzuweisen, wenn bzw. dass sie Wohnraum innerhalb der MOG nicht finden konnten („konkrete [Un-]Angemessenheit“). Problematisch ist das vor allem für alte, kranke oder einfach unorganisierte Leitungsberechtigte. Aber auch etwa für jene ohne Internetzugang oder Migranten, die noch Probleme mit der deutschen Sprache und Kultur haben.

      Der Erfolg nachgewiesener erfolgloser Suchbemühungen bleibt übrigens abzuwarten. Vor dem Sozialgericht Kiel und früher auch dem Sozialgericht Schleswig (dort wird neuerdings anders entschieden) sowie dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht konnten sich von einer Senkungsaufforderung betroffene die Dokumentation von Suchbemühungen schenken, die Gerichte wischten diese in schönster Regelmäßigkeit mit dem Hinweis, der oder die Kammervorsitzende habe (angeblich, die nachträglich Überprüfung ergab meist, dass die Gerichte fehlerhaft recherchiert hatten) auf anhieb irgendeine kostenangemessene Wohnung gefunden, vom Tisch. Die Prüfung der „konkrete Angemessenheit“ war eine reine Formsache.


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