Höhere Mietobergrenzen für Kiel
Veröffentlicht: 13. Juni 2014 Abgelegt unter: Jobcenter Kiel, Mietobergrenzen, Stadt Kiel | Tags: Jobcenter Kiel Mietobergrenzen, Mietobergrenzen in Kiel, Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 8 KommentareIn der Berichterstattung der Kieler Nachrichten (KN vom 20.05.2014, Seite 19) wurde der Eindruck erweckt, die Kieler Mietobergrenzen seien mit den Urteilen des SH LSG vom 19.05.2014 in den Verfahren L 6 AS 18/13, L 6 AS 171/12 und L 6 AS 146/13 nur unwesentlich angehoben worden. So wird bei einem Einpersonenhaushalt von einer Steigerung von lediglich 4,50 € berichtet. Dieser Wert beruht auf der unzutreffenden Annahme, die Stadt Kiel habe bislang für einen Einpersonenhaushalt bis zu 327,50 € anstatt – was zutreffend ist – 316,00 € bruttokalt anerkannt. Eine Korrektur dieser falschen Berichterstattung, die u.a. auch von mir angemahnt wurde, haben die KN abgelehnt. Nach internen Berechnungen der Stadt errechnen sich die neuen Mietobergrenzen ab dem 01.01.2013 vorbehaltlich einer Bestätigung durch die Kieler Ratsversammlung wie folgt (alle Angaben ohne Gewähr):
Anzahl der im Haushalt lebenden Personen | Anzuerkennende Wohnungsgröße (in qm) | Mietobergrenzen bruttokalt nach Mietspiegel 2012 in der vom Jobcenter ab 1.1.2013 anerkannten Höhe |
Mietobergrenzen gemäß den Berechnungen des SH LSG ab dem 1.1.2013 |
1 | bis 50 | 316,00 € |
332,00 € (+ 16,00 €) |
2 | 50-60 | 379,20 € |
398,50 € (+ 19,30 €) |
3 | 60-75 | 457,50 € |
493,50 € (+ 36,00 €) |
4 | 75-85 | 531,25 € |
599,50 € (+ 68,25 €) |
5 | 85-95 | 593,75 € |
670,00 € (+ 76,25 €) |
6 | 95-105 | 656,25 € |
740,50 € (+ 84,25 €) |
7 | 105-115 | 718,75 € |
811,00 € (+ 92,25 €) |
Mehrbetrag für jedes weitere Familienmitglied | 10 | 62,50 € |
70,50 € (+ 8,00 €) |
Wer in Kiel derzeit zu seiner Miete hinzuzahlt, weil das Jobcenter Kiel nur die aktuell gültige Mietobergrenze anerkennt, sollte einen Antrag auf Überprüfung aller Bewilligungsbescheide für den Zeitraum ab 01.01.2013 stellen (§ 40 Abs. 1 SGB II, § 44 SGB X) und das Jobcenter bitten, ab 01.01.2013 rückwirkend Leistungen für die Unterkunft in Höhe der neuen, vom Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht festgelegten Mietobergrenzen zu bewilligen. Das Jobcenter Kiel wird voraussichtlich – wie schon in der Vergangenheit – nicht von sich aus eine Überprüfung vornehmen und die Differenz zwischen der alten und der neuen Mietobergrenze bzw. der tatsächlichen Miete (soweit diese unter der neuen Mietobergrenze liegt) nachzahlen. Über gestellte Überprüfungsanträge wird das Jobcenter Kiel erst entscheiden, nachdem die Kieler Ratsversammlung die neuen Mietobergrenzen beschlossen hat. Der Beschluss der Ratsversammlung wird im Monat Juli 2014 erwartet.
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt
Mietobergrenzen: Stadt Kiel unter Zugzwang
Veröffentlicht: 4. Juli 2013 Abgelegt unter: Mietobergrenzen | Tags: Jobcenter Kiel Mietobergrenzen, Mietobergrenzen in Kiel, Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 4 KommentareIn der heutigen Verhandlung über die Kieler Mietobergrenzen hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht dem Jobcenter Kiel bzw. der Stadt Kiel aufgegeben, ein eigenes sog. „schlüssiges Konzept“ zur Bestimmung der Mietobergrenzen in Kiel zu erarbeiten. Ein konkretes Datum, bis zu dem ein solches Konzept vorliegen muss, hat das Gericht nicht vorgegeben. Sollte die Stadt kein eigenes schlüssiges Konzept entwerfen, welches einer gerichtlichen Überprüfung anhand der Maßstäbe des BSG standhält, wird das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % (dazu mehr hier) zugrunde legen. In diesem Fall könnten auf die Stadt ganz erhebliche Mehrkosten zukommen, die weit über jenen Kosten liegen, die für die Stadt durch die Anerkennung der Rechtsprechung am SG Kiel zu erwarten gewesen wären und sich nachfolgender Tabelle entnehmen lassen (ohne Gewähr):
Anzahl der im Haushalt lebenden Personen | Anzuerkennende Wohnungsgröße (in qm) | Mietobergrenzen bruttokalt nach Mietspiegel 2012 (gültig ab 1.1.2013) nach neuer Berechnung des SG Kiel mit durchschnittlichen BK von 1,91 €/qm | Werte nach der Wohngeldtabelle (Mietstufe 5) zuzüglich 10 % Sicherheitszuschlag |
1 | bis 50 | 345,50 € |
423,50 € |
2 | 50-60 | 414,60 € |
514,80 € |
3 | 60-75 | 501,75 € |
611,60 € |
4 | 75-85 | 581,40 € |
713,90 € |
5 | 85-95 | 649,80 € |
818,70 € |
6 | 95-105 | 718,20 € |
915,50 € |
7 | 105-115 | 786,60 € |
1.012,30 € |
Mehrbetrag für jedes weitere Familienmitglied | 10 | 68,40 € |
96,80 € |
Die Mietobergrenzen, welche die Stadt derzeit anerkennt, finden sich in dieser Tabelle (ganz unten).
SHZ: Scharfe Kritik an Kieler Hartz-IV-Konzept
SHZ: Hartz-IV: Sozialgericht verhandelt über 70 Cent
Mietobergrenze Kiel – Es bewegt sich was!
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt
Schleswig-Holsteinsches Landessozialgericht: 25 Quadratmeter für Hartz IV-Empfänger angemessen!
Veröffentlicht: 14. Juni 2011 Abgelegt unter: Kosten der Unterkunft | Tags: angemessene Wohnungsgröße, Hartz IV, Kosten der Unterkunft, Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht 2 KommentareIn einer aktuellen Entscheidung hat der für Hartz IV-Verfahren aus Kiel zuständige 11. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht entschieden, dass Beziehern von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II auch die Anmietung von 25 qm kleinen Wohnungen „zumutbar“ sein soll. Für den Senat war nicht ersichtlich, „weshalb eine einzelne Person auf einer Wohnfläche von 25 qm nicht menschenwürdig leben können sollte“. Dem Hilfesuchenden stehe es frei, sich eine entsprechend kleine Wohnung mit einem hohen Quadratmetermietzins und damit einem erheblich höheren Wohnungsstandard zu suchen oder eben eine größer Wohnung zu einem entsprechende niedrigeren Quadratmeterpreis. Insoweit rückt das Gericht ausdrücklich von seiner bisher vertretenen Auffassung ab, Hilfebedürftige könnten nicht darauf verwiesen werden, in Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 35 qm zu ziehen.
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 11.04.2011, L 11 AS 123/09 und L 11 AS 126/09.
Bewertung: • Die Entscheidung ist zu kritisieren: Bei „Wohnungen“ mit einer Wohnfläche von 25 qm handelt es sich regelmäßig um Einzimmer-Appartements mit Nasszelle. Viele Leistungsberechtigte nach dem SGB II haben Jahrzehnte ihres Lebens hart gearbeitet und Steuern gezahlt. Diese in Not geratenen Menschen nun auf Einzimmer-Appartements zu verweisen, ist nicht angemessen.
• Die vom Gericht suggerierte Wahlmöglichkeit besteht zudem nur in der Theorie. Tatsächlich sind etwa 50 qm große Wohnungen in Kiel innerhalb der städtischen Mietobergrenzen ohnehin kaum noch anzumieten. Wo es in Kiel 25 qm-Wohnungen mit hohem Wohnstandard gibt, wird das Geheimnis der Richter am 11. Senat bleiben müssen. • Gedanklich ist der Senat den Zeiten des Bundessozialhilfegesetzes verhaftet. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II beziehen heute mehr als 7 Mio. Bundesbürger. Dass die Bezahlung deren Mieten lediglich der Vermeidung von Obdachlosigkeit zu dienen bestimmt sei und deswegen als Auslegungsmaßstab für die Bestimmung der „angemessenen“ Größe von Wohnraum die Menschenwürdegarantie des Art. 1 GG herangezogen wird, spiegelt ein sonderbares Gesellschaftsverständnis des Gerichts wieder und ist aus rechtlicher Sicht ein nicht geeigneter Entscheidungsmaßstab. • Richtigerweise ist der Einzelfall in den Blick zu nehmen: Für einen jungen Hilfebedürftigen etwa bis zum 25. Lebensjahr mögen 25 qm Wohnfläche angemessen sein, für einen 55 Jährigen Hilfebedürftigen sind sie es nicht. „Unwürdig“ wird es, wenn etwa – so in Kiel geschehen – ein über 60jähriger praktisch seinen gesamten Hausstand entsorgen muss, um in ein Einzimmer-Appartement in einem bekannten Mettenhofer Hochhausturm zu ziehen. Die Richter des 11. Senates scheinen indessen einer anderen Würdekonzeption anzuhängen. |
Weiterführende Links:
Welt Online, 23.07.2010 – 25 Quadratmeter Wohnraum – Warum nicht?
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt, Holtenauer Straße 154, 24105 Kiel, Tel. 0431 / 88 88 58 7